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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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ten eine Invitation von der Residentin von Bouse
gebracht, auf ihr Landgut zu kommen, wo mei¬
ne Schwester auch ist. Das neue Schloß Marien¬
hof liegt eine halbe Stunde von der Stadt; am
neuen hat Oefel das alte, das vielleicht durch ge¬
heime Thüren mit jenem kommunicirt. Er gab un¬
höflicher Weise zu errathen, ohne sein feines In¬
triguiren -- d. h. er machte wie die Advokaten,
über den schmalsten Bach eine Brücke statt eines
Sprunges -- wär' es hinkend gegangen. Unmög¬
lich kann ein solcher eitler Narr von seinem Herzen
einen Schiefer-Abdruck in einen so edlen Stein als
Beata ist ausprägen: wenn sie auch der Faselhans
künftig alle Nachmittage im neuen Schlosse um¬
lagert, wie er thun wird: so kann ich mich doch
darauf verlassen -- ja ich wollte dafür schwören.
Ein Haselant seiner Größe kann zwar ein Paar
eckige begrasete Landfräulein (wie heute geschah)
zu einem verliebten Erstaunen über seine Glocken¬
polypen-Drehungen, über seinen Muth, über sei¬
nen Verstand (d. h. Witz) und seine Unverschämt¬
heit zwingen, statt Damen und Schönen bloß zu
sagen Weiber: das kann er und mehr, sag' ich;
aber von Beatens Herz werden ihn ewig alle ihre

ten eine Invitation von der Reſidentin von Bouſe
gebracht, auf ihr Landgut zu kommen, wo mei¬
ne Schweſter auch iſt. Das neue Schloß Marien¬
hof liegt eine halbe Stunde von der Stadt; am
neuen hat Oefel das alte, das vielleicht durch ge¬
heime Thuͤren mit jenem kommunicirt. Er gab un¬
hoͤflicher Weiſe zu errathen, ohne ſein feines In¬
triguiren — d. h. er machte wie die Advokaten,
uͤber den ſchmalſten Bach eine Bruͤcke ſtatt eines
Sprunges — waͤr' es hinkend gegangen. Unmoͤg¬
lich kann ein ſolcher eitler Narr von ſeinem Herzen
einen Schiefer-Abdruck in einen ſo edlen Stein als
Beata iſt auspraͤgen: wenn ſie auch der Faſelhans
kuͤnftig alle Nachmittage im neuen Schloſſe um¬
lagert, wie er thun wird: ſo kann ich mich doch
darauf verlaſſen — ja ich wollte dafuͤr ſchwoͤren.
Ein Haſelant ſeiner Groͤße kann zwar ein Paar
eckige begraſete Landfraͤulein (wie heute geſchah)
zu einem verliebten Erſtaunen uͤber ſeine Glocken¬
polypen-Drehungen, uͤber ſeinen Muth, uͤber ſei¬
nen Verſtand (d. h. Witz) und ſeine Unverſchaͤmt¬
heit zwingen, ſtatt Damen und Schoͤnen bloß zu
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[267/0303] ten eine Invitation von der Reſidentin von Bouſe gebracht, auf ihr Landgut zu kommen, wo mei¬ ne Schweſter auch iſt. Das neue Schloß Marien¬ hof liegt eine halbe Stunde von der Stadt; am neuen hat Oefel das alte, das vielleicht durch ge¬ heime Thuͤren mit jenem kommunicirt. Er gab un¬ hoͤflicher Weiſe zu errathen, ohne ſein feines In¬ triguiren — d. h. er machte wie die Advokaten, uͤber den ſchmalſten Bach eine Bruͤcke ſtatt eines Sprunges — waͤr' es hinkend gegangen. Unmoͤg¬ lich kann ein ſolcher eitler Narr von ſeinem Herzen einen Schiefer-Abdruck in einen ſo edlen Stein als Beata iſt auspraͤgen: wenn ſie auch der Faſelhans kuͤnftig alle Nachmittage im neuen Schloſſe um¬ lagert, wie er thun wird: ſo kann ich mich doch darauf verlaſſen — ja ich wollte dafuͤr ſchwoͤren. Ein Haſelant ſeiner Groͤße kann zwar ein Paar eckige begraſete Landfraͤulein (wie heute geſchah) zu einem verliebten Erſtaunen uͤber ſeine Glocken¬ polypen-Drehungen, uͤber ſeinen Muth, uͤber ſei¬ nen Verſtand (d. h. Witz) und ſeine Unverſchaͤmt¬ heit zwingen, ſtatt Damen und Schoͤnen bloß zu ſagen Weiber: das kann er und mehr, ſag' ich; aber von Beatens Herz werden ihn ewig alle ihre

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/303>, abgerufen am 21.11.2024.