Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.sondern um seine vorzuweisen. So lobte er auch Unter diesem Sehnen, eh Gustav den schwe¬ ſondern um ſeine vorzuweiſen. So lobte er auch Unter dieſem Sehnen, eh Guſtav den ſchwe¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0330" n="294"/> ſondern um ſeine vorzuweiſen. So lobte er auch<lb/> ohne zu achten, und mediſirte ohne zu haſſen:<lb/> brilliren wollt' er bloß.</p><lb/> <p>Unter dieſem Sehnen, eh Guſtav den ſchwe¬<lb/> ren Gang uͤber Schmerzen zu Geſchaͤften that,<lb/> kam der Troſt in der Geſtallt der Erinnerung zu<lb/> ihm und Guſtav ſah was er nicht haͤtte vergeſſen<lb/> ſollen — ſeinen <hi rendition="#g">Amandus</hi>, ſeinen Kindheits¬<lb/> freund. Aber der gute Juͤngling trat vor ihn nicht<lb/> in der erſten Geſtalt eines Blinden, ſondern in<lb/> der letzten eines Sterbenden; er hatte die Ner¬<lb/> venſchwindſucht, die alles ſein Mark aus der noch<lb/> ſtehenden Rinde ausgezogen hatte — an der Rinde<lb/> gruͤnte nichts mehr als haͤngende Zweige mit fah¬<lb/> lem geſenktem Laub. Er bereitete ſich auf kein<lb/> Amt und kein Leben vor, ſondern er wartete und<lb/> wollte empfangen an der Schwelle des Erbbegraͤb¬<lb/> niſſes den Tod, der die Treppe herauf<choice><sic>,</sic><corr/></choice> ſtieg. —<lb/> Aber daß ſeine Seele in einer lebendigen Wunde<lb/> lag, daran kann uns nichts wundern als das <hi rendition="#g">Ge</hi>¬<lb/><hi rendition="#g">ſchlecht</hi>: denn die armen weiblichen Seelen woh¬<lb/> nen ſelten anders; aber die Maͤnner ſchonen dieſe<lb/> Wunde nicht; es erweicht ſie gegen ein ſo wei¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [294/0330]
ſondern um ſeine vorzuweiſen. So lobte er auch
ohne zu achten, und mediſirte ohne zu haſſen:
brilliren wollt' er bloß.
Unter dieſem Sehnen, eh Guſtav den ſchwe¬
ren Gang uͤber Schmerzen zu Geſchaͤften that,
kam der Troſt in der Geſtallt der Erinnerung zu
ihm und Guſtav ſah was er nicht haͤtte vergeſſen
ſollen — ſeinen Amandus, ſeinen Kindheits¬
freund. Aber der gute Juͤngling trat vor ihn nicht
in der erſten Geſtalt eines Blinden, ſondern in
der letzten eines Sterbenden; er hatte die Ner¬
venſchwindſucht, die alles ſein Mark aus der noch
ſtehenden Rinde ausgezogen hatte — an der Rinde
gruͤnte nichts mehr als haͤngende Zweige mit fah¬
lem geſenktem Laub. Er bereitete ſich auf kein
Amt und kein Leben vor, ſondern er wartete und
wollte empfangen an der Schwelle des Erbbegraͤb¬
niſſes den Tod, der die Treppe herauf ſtieg. —
Aber daß ſeine Seele in einer lebendigen Wunde
lag, daran kann uns nichts wundern als das Ge¬
ſchlecht: denn die armen weiblichen Seelen woh¬
nen ſelten anders; aber die Maͤnner ſchonen dieſe
Wunde nicht; es erweicht ſie gegen ein ſo wei¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |