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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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In die Decke der Klause sollte (wie in die De¬
cke der Grotte beim Kloster S. Felicita) hinlängli¬
che Baufälligkeit, sechs Ritzen und ein Paar Ei¬
dexen, die daraus fallen, eingemahlet werden:
Der Mahler war auch schon auf Reisen, blieb aber
so lange darauf und aus, daß sich die Sache zu¬
letzt selber hinauf mahlte und gleich ofnen Men¬
schen nichts war als was sie schien. Allein da die
künstliche Einsiedelei sich zu einer natürlichen ver¬
edlet hatte: war sie längst von allen vergessen. Ich
halt' es daher mehr für Persiflage als für reine
Wahrheit, daß der Kammerherr -- wie so viele
Oberscheerauer sagten -- Holzwürmer hätte zusam¬
men fangen und in den Stuhl des Eremiten im¬
pfen lassen, damit die Thiere statt der Haarsägen
und Trennmesser daran arbeiteten und den Sessel
früher antik machten -- wahrhaftig das Gewürm
beißet jezt Stuhl und Mönch um! Noch lächerli¬
cher ists, wenn man einem vernünftigen Mann
weiß machen will, anfangs hätte der architekto¬
nische Kammerherr ein künstlich laufendes Räder¬
werk mit einem Mausfell kouvertiert und papillot¬
tirt, damit die Kunst-Eidexe oben eine Korrespon¬
denz - Maus unten hätte und so für Symmetrie hin¬

In die Decke der Klauſe ſollte (wie in die De¬
cke der Grotte beim Kloſter S. Felicita) hinlaͤngli¬
che Baufaͤlligkeit, ſechs Ritzen und ein Paar Ei¬
dexen, die daraus fallen, eingemahlet werden:
Der Mahler war auch ſchon auf Reiſen, blieb aber
ſo lange darauf und aus, daß ſich die Sache zu¬
letzt ſelber hinauf mahlte und gleich ofnen Men¬
ſchen nichts war als was ſie ſchien. Allein da die
kuͤnſtliche Einſiedelei ſich zu einer natuͤrlichen ver¬
edlet hatte: war ſie laͤngſt von allen vergeſſen. Ich
halt' es daher mehr fuͤr Perſiflage als fuͤr reine
Wahrheit, daß der Kammerherr — wie ſo viele
Oberſcheerauer ſagten — Holzwuͤrmer haͤtte zuſam¬
men fangen und in den Stuhl des Eremiten im¬
pfen laſſen, damit die Thiere ſtatt der Haarſaͤgen
und Trennmeſſer daran arbeiteten und den Seſſel
fruͤher antik machten — wahrhaftig das Gewuͤrm
beißet jezt Stuhl und Moͤnch um! Noch laͤcherli¬
cher iſts, wenn man einem vernuͤnftigen Mann
weiß machen will, anfangs haͤtte der architekto¬
niſche Kammerherr ein kuͤnſtlich laufendes Raͤder¬
werk mit einem Mausfell kouvertiert und papillot¬
tirt, damit die Kunſt–Eidexe oben eine Korreſpon¬
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[328/0364] In die Decke der Klauſe ſollte (wie in die De¬ cke der Grotte beim Kloſter S. Felicita) hinlaͤngli¬ che Baufaͤlligkeit, ſechs Ritzen und ein Paar Ei¬ dexen, die daraus fallen, eingemahlet werden: Der Mahler war auch ſchon auf Reiſen, blieb aber ſo lange darauf und aus, daß ſich die Sache zu¬ letzt ſelber hinauf mahlte und gleich ofnen Men¬ ſchen nichts war als was ſie ſchien. Allein da die kuͤnſtliche Einſiedelei ſich zu einer natuͤrlichen ver¬ edlet hatte: war ſie laͤngſt von allen vergeſſen. Ich halt' es daher mehr fuͤr Perſiflage als fuͤr reine Wahrheit, daß der Kammerherr — wie ſo viele Oberſcheerauer ſagten — Holzwuͤrmer haͤtte zuſam¬ men fangen und in den Stuhl des Eremiten im¬ pfen laſſen, damit die Thiere ſtatt der Haarſaͤgen und Trennmeſſer daran arbeiteten und den Seſſel fruͤher antik machten — wahrhaftig das Gewuͤrm beißet jezt Stuhl und Moͤnch um! Noch laͤcherli¬ cher iſts, wenn man einem vernuͤnftigen Mann weiß machen will, anfangs haͤtte der architekto¬ niſche Kammerherr ein kuͤnſtlich laufendes Raͤder¬ werk mit einem Mausfell kouvertiert und papillot¬ tirt, damit die Kunſt–Eidexe oben eine Korreſpon¬ denz – Maus unten haͤtte und ſo fuͤr Symmetrie hin¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/364>, abgerufen am 24.11.2024.