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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Erstaunen auf eine lebendige Kröte stößet, weil
man nicht sieht wo ihr Loch ist. Die Klafter um¬
rangen eine Klause, die man -- weil am ganzen
Hof keine Seele zu einem lebendigen Einsiedler
Ansatz hatte -- einem hölzernen anvertrauete, der
still und mit Verstand drinnen saß und so viel me¬
ditirte als einem solchen Manne möglich ist: man
hatte den Anachoreten aus der Scheerauischen
Schulbibliothek mit einigen aßetischen Werken ver¬
sehen, die für ihn pasten und ihn zu einer Abtöd¬
tung des Fleisches ermahnten, die er schon hatte.
Die Großen werden entweder repräsentirt oder re¬
präsentiren selber, aber sie sind nie etwas: Frem¬
de müssen für sie essen, schreiben, genießen, lie¬
ben, siegen und sie selber thuns wieder für andre;
daher ists ein Glück daß sie, da sie zum Genuß
einer Eremitage keine eigne Seele haben und keine
fremde finden, doch hölzerne Charges d'affaire, die
die Einsiedelei für sie geniessen, auftreiben und ich
wünschte, sie ließen auch vor ihre Parks und vor
ihre Orchester, wozu sie fünf Sinne zu wenig ha¬
ben, solche unbelebte Genuß-Plenipotentiare und
Plaisirs-Kuratores machen und stillen. --

Erſtaunen auf eine lebendige Kroͤte ſtoͤßet, weil
man nicht ſieht wo ihr Loch iſt. Die Klafter um¬
rangen eine Klauſe, die man — weil am ganzen
Hof keine Seele zu einem lebendigen Einſiedler
Anſatz hatte — einem hoͤlzernen anvertrauete, der
ſtill und mit Verſtand drinnen ſaß und ſo viel me¬
ditirte als einem ſolchen Manne moͤglich iſt: man
hatte den Anachoreten aus der Scheerauiſchen
Schulbibliothek mit einigen aſzetiſchen Werken ver¬
ſehen, die fuͤr ihn paſten und ihn zu einer Abtoͤd¬
tung des Fleiſches ermahnten, die er ſchon hatte.
Die Großen werden entweder repraͤſentirt oder re¬
praͤſentiren ſelber, aber ſie ſind nie etwas: Frem¬
de muͤſſen fuͤr ſie eſſen, ſchreiben, genießen, lie¬
ben, ſiegen und ſie ſelber thuns wieder fuͤr andre;
daher iſts ein Gluͤck daß ſie, da ſie zum Genuß
einer Eremitage keine eigne Seele haben und keine
fremde finden, doch hoͤlzerne Chargés d'affaire, die
die Einſiedelei fuͤr ſie genieſſen, auftreiben und ich
wuͤnſchte, ſie ließen auch vor ihre Parks und vor
ihre Orcheſter, wozu ſie fuͤnf Sinne zu wenig ha¬
ben, ſolche unbelebte Genuß-Plenipotentiare und
Plaiſirs-Kuratores machen und ſtillen. —

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[327/0363] Erſtaunen auf eine lebendige Kroͤte ſtoͤßet, weil man nicht ſieht wo ihr Loch iſt. Die Klafter um¬ rangen eine Klauſe, die man — weil am ganzen Hof keine Seele zu einem lebendigen Einſiedler Anſatz hatte — einem hoͤlzernen anvertrauete, der ſtill und mit Verſtand drinnen ſaß und ſo viel me¬ ditirte als einem ſolchen Manne moͤglich iſt: man hatte den Anachoreten aus der Scheerauiſchen Schulbibliothek mit einigen aſzetiſchen Werken ver¬ ſehen, die fuͤr ihn paſten und ihn zu einer Abtoͤd¬ tung des Fleiſches ermahnten, die er ſchon hatte. Die Großen werden entweder repraͤſentirt oder re¬ praͤſentiren ſelber, aber ſie ſind nie etwas: Frem¬ de muͤſſen fuͤr ſie eſſen, ſchreiben, genießen, lie¬ ben, ſiegen und ſie ſelber thuns wieder fuͤr andre; daher iſts ein Gluͤck daß ſie, da ſie zum Genuß einer Eremitage keine eigne Seele haben und keine fremde finden, doch hoͤlzerne Chargés d'affaire, die die Einſiedelei fuͤr ſie genieſſen, auftreiben und ich wuͤnſchte, ſie ließen auch vor ihre Parks und vor ihre Orcheſter, wozu ſie fuͤnf Sinne zu wenig ha¬ ben, ſolche unbelebte Genuß-Plenipotentiare und Plaiſirs-Kuratores machen und ſtillen. —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/363>, abgerufen am 24.11.2024.