ner Gräfin von Ebersdorf gewesen, bei ihrem fei¬ nen Gefühl und ihrer Frömmigkeit eine solche Jä¬ gerlaune dulde; sie hatte aber eine Hernhutische durchzusetzen, welche begehrte, daß das erste Kind ihrer Ernestine für den Himmel sollte groß gezogen werden, nämlich, acht Jahre unter der Erde -- "meinetwegen achtzig Jahre" sagte der Alte.
Ob man gleich in jedem Falle Teufelsnoth mit einer Tochter hat, man mag Abonnenten an sie an¬ zulocken oder abzutreiben haben: so hatte doch Knör bei der Sache seinen wahren Himmel auf Erden -- unter so vielen Schachrittern, die sämtlich seine Er¬ nestine bekriegten und verspielten. Denn mit einem Kopfe, in den der Vater Licht, und mit einem Her¬ zen, in das die Mutter Tugend eingeführt hatte, eroberte sie leichter als sie zu erobern war: daher ärgerte und spielte sich an ihr eine ganze Brigade ehelustiger Junker halb todt. Und doch waren un¬ ter ihnen Leute, die auf allen nahen Schlössern den Namen süßer Herren behaupteten, weil sie kei¬ ne -- Matrosensitten hatten, wie man in Ver¬ gleichung mit dem Seewasser unser schales süßes nennt.
ner Graͤfin von Ebersdorf geweſen, bei ihrem fei¬ nen Gefuͤhl und ihrer Froͤmmigkeit eine ſolche Jaͤ¬ gerlaune dulde; ſie hatte aber eine Hernhutiſche durchzuſetzen, welche begehrte, daß das erſte Kind ihrer Erneſtine fuͤr den Himmel ſollte groß gezogen werden, naͤmlich, acht Jahre unter der Erde — „meinetwegen achtzig Jahre“ ſagte der Alte.
Ob man gleich in jedem Falle Teufelsnoth mit einer Tochter hat, man mag Abonnenten an ſie an¬ zulocken oder abzutreiben haben: ſo hatte doch Knoͤr bei der Sache ſeinen wahren Himmel auf Erden — unter ſo vielen Schachrittern, die ſaͤmtlich ſeine Er¬ neſtine bekriegten und verſpielten. Denn mit einem Kopfe, in den der Vater Licht, und mit einem Her¬ zen, in das die Mutter Tugend eingefuͤhrt hatte, eroberte ſie leichter als ſie zu erobern war: daher aͤrgerte und ſpielte ſich an ihr eine ganze Brigade eheluſtiger Junker halb todt. Und doch waren un¬ ter ihnen Leute, die auf allen nahen Schloͤſſern den Namen ſuͤßer Herren behaupteten, weil ſie kei¬ ne — Matroſenſitten hatten, wie man in Ver¬ gleichung mit dem Seewaſſer unſer ſchales ſuͤßes nennt.
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ner Graͤfin von Ebersdorf geweſen, bei ihrem fei¬
nen Gefuͤhl und ihrer Froͤmmigkeit eine ſolche Jaͤ¬
gerlaune dulde; ſie hatte aber eine Hernhutiſche
durchzuſetzen, welche begehrte, daß das erſte Kind
ihrer Erneſtine fuͤr den Himmel ſollte groß gezogen
werden, naͤmlich, acht Jahre unter der Erde —
„meinetwegen achtzig Jahre“ ſagte der Alte.
Ob man gleich in jedem Falle Teufelsnoth mit
einer Tochter hat, man mag Abonnenten an ſie an¬
zulocken oder abzutreiben haben: ſo hatte doch Knoͤr
bei der Sache ſeinen wahren Himmel auf Erden —
unter ſo vielen Schachrittern, die ſaͤmtlich ſeine Er¬
neſtine bekriegten und verſpielten. Denn mit einem
Kopfe, in den der Vater Licht, und mit einem Her¬
zen, in das die Mutter Tugend eingefuͤhrt hatte,
eroberte ſie leichter als ſie zu erobern war: daher
aͤrgerte und ſpielte ſich an ihr eine ganze Brigade
eheluſtiger Junker halb todt. Und doch waren un¬
ter ihnen Leute, die auf allen nahen Schloͤſſern den
Namen ſuͤßer Herren behaupteten, weil ſie kei¬
ne — Matroſenſitten hatten, wie man in Ver¬
gleichung mit dem Seewaſſer unſer ſchales ſuͤßes
nennt.
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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