Ehrenbezeugungen die mir meine Grafschaft nach meiner Heim¬ kehr von der grand tour anthat.
Wenn gräfliche Unterthanen einem Grafen seine sechs nicht natürlichen Dinge*) nehmen: so weiß ich nicht, wie sie ihn besser empfangen kön¬ nen. Nun liessen mir meine, kein einziges nicht na¬ türliches Ding.
Sie nahmen mir das erste unnatürliche Ding ohnehin weg, den Schlaf. Da ich von Chalons nach Strasburg, so watend langsam als wär' ich schwanger, gefahren war, um von da aus so don¬ nernd, daß ich mehr hüpfte als saß, meinen Läufer umzufahren: so wär' ich um Flörzhübel (den ersten Marktflecken in meiner Grafschaft) für mein Leben gern schlafend (und kam ich im Grunde anders vor¬ bei?) vorübergeflogen; allein gerade an der Grän¬ ze und einer Brücke, da ich die Augen bergunter auf- und bergauf zumachte, wurd' ich überfallen,
*) Darunter meinen die Aerzte 1) Wachen und Schlafen. 2) Essen und Trinken. 3) Bewegung. 4) Athmen. 5) Aus¬ leerungen. 6) Leidenschaften.
C
Erſtes Extrablatt.
Ehrenbezeugungen die mir meine Grafſchaft nach meiner Heim¬ kehr von der grand tour anthat.
Wenn graͤfliche Unterthanen einem Grafen ſeine ſechs nicht natuͤrlichen Dinge*) nehmen: ſo weiß ich nicht, wie ſie ihn beſſer empfangen koͤn¬ nen. Nun lieſſen mir meine, kein einziges nicht na¬ tuͤrliches Ding.
Sie nahmen mir das erſte unnatuͤrliche Ding ohnehin weg, den Schlaf. Da ich von Chalons nach Strasburg, ſo watend langſam als waͤr' ich ſchwanger, gefahren war, um von da aus ſo don¬ nernd, daß ich mehr huͤpfte als ſaß, meinen Laͤufer umzufahren: ſo waͤr' ich um Floͤrzhuͤbel (den erſten Marktflecken in meiner Grafſchaft) fuͤr mein Leben gern ſchlafend (und kam ich im Grunde anders vor¬ bei?) voruͤbergeflogen; allein gerade an der Graͤn¬ ze und einer Bruͤcke, da ich die Augen bergunter auf- und bergauf zumachte, wurd' ich uͤberfallen,
*) Darunter meinen die Aerzte 1) Wachen und Schlafen. 2) Eſſen und Trinken. 3) Bewegung. 4) Athmen. 5) Aus¬ leerungen. 6) Leidenſchaften.
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Erſtes Extrablatt.
Ehrenbezeugungen die mir meine Grafſchaft nach meiner Heim¬
kehr von der grand tour anthat.
Wenn graͤfliche Unterthanen einem Grafen ſeine
ſechs nicht natuͤrlichen Dinge *) nehmen: ſo
weiß ich nicht, wie ſie ihn beſſer empfangen koͤn¬
nen. Nun lieſſen mir meine, kein einziges nicht na¬
tuͤrliches Ding.
Sie nahmen mir das erſte unnatuͤrliche Ding
ohnehin weg, den Schlaf. Da ich von Chalons
nach Strasburg, ſo watend langſam als waͤr' ich
ſchwanger, gefahren war, um von da aus ſo don¬
nernd, daß ich mehr huͤpfte als ſaß, meinen Laͤufer
umzufahren: ſo waͤr' ich um Floͤrzhuͤbel (den erſten
Marktflecken in meiner Grafſchaft) fuͤr mein Leben
gern ſchlafend (und kam ich im Grunde anders vor¬
bei?) voruͤbergeflogen; allein gerade an der Graͤn¬
ze und einer Bruͤcke, da ich die Augen bergunter
auf- und bergauf zumachte, wurd' ich uͤberfallen,
*) Darunter meinen die Aerzte 1) Wachen und Schlafen.
2) Eſſen und Trinken. 3) Bewegung. 4) Athmen. 5) Aus¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/69>, abgerufen am 15.05.2024.
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