nicht mörderisch sondern musikalisch, von 16 Mann besoffnem Ausschuß, der schon seit früh 7 Uhr mit dem musikalischen Gerümpel und Ohrenbrechzeug hier aufgepasset hatte, um mich und meine Pferde zu rechter Zeit mit Trommeln und Pfeifen in die Ohren zu blessiren. Glücklicher Weise hatten die kakophonischen Artisten den ganzen Tag zum Spas¬ se oder aus Langerweile vorher mehr getrommelt als aus Ernst und Liebe nachher. Unter dem gan¬ zen Weg, während Orchester und Kaserne ne¬ ben meinen Pferden gieng, zankt' ich mich aus, daß ich Flörzhübel vor 17 Jahren zu einer Stadt habilitirt und graduirt hatte, -- "ich meine nicht "deswegen, sagt' ich zu mir, weil nachher das lan¬ "desherrliche Reskript dem Flörzhübel das Stadt¬ "recht und seiner Gens d'Armerie die Monturen "wieder auszog, oder deswegen, weil wir die su¬ "pernumerairen Monturen in Kassel verauktioniren "wollten -- sondern weil sie mich jetzt nicht schla¬ "fen lassen, welches doch das erste nicht natürliche "Ding bleibt."
Essen liessen sie mich gar nicht, weils das zweite unnatürliche Ding eines regierenden Herrn ist. Sann mir nicht der Flörzhübelsche Restaura¬
nicht moͤrderiſch ſondern muſikaliſch, von 16 Mann beſoffnem Ausſchuß, der ſchon ſeit fruͤh 7 Uhr mit dem muſikaliſchen Geruͤmpel und Ohrenbrechzeug hier aufgepaſſet hatte, um mich und meine Pferde zu rechter Zeit mit Trommeln und Pfeifen in die Ohren zu bleſſiren. Gluͤcklicher Weiſe hatten die kakophoniſchen Artiſten den ganzen Tag zum Spaſ¬ ſe oder aus Langerweile vorher mehr getrommelt als aus Ernſt und Liebe nachher. Unter dem gan¬ zen Weg, waͤhrend Orcheſter und Kaſerne ne¬ ben meinen Pferden gieng, zankt' ich mich aus, daß ich Floͤrzhuͤbel vor 17 Jahren zu einer Stadt habilitirt und graduirt hatte, — „ich meine nicht „deswegen, ſagt' ich zu mir, weil nachher das lan¬ „desherrliche Reſkript dem Floͤrzhuͤbel das Stadt¬ „recht und ſeiner Gens d'Armerie die Monturen „wieder auszog, oder deswegen, weil wir die ſu¬ „pernumerairen Monturen in Kaſſel verauktioniren „wollten — ſondern weil ſie mich jetzt nicht ſchla¬ „fen laſſen, welches doch das erſte nicht natuͤrliche „Ding bleibt.“
Eſſen lieſſen ſie mich gar nicht, weils das zweite unnatuͤrliche Ding eines regierenden Herrn iſt. Sann mir nicht der Floͤrzhuͤbelſche Reſtaura¬
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nicht moͤrderiſch ſondern muſikaliſch, von 16 Mann
beſoffnem Ausſchuß, der ſchon ſeit fruͤh 7 Uhr mit
dem muſikaliſchen Geruͤmpel und Ohrenbrechzeug
hier aufgepaſſet hatte, um mich und meine Pferde
zu rechter Zeit mit Trommeln und Pfeifen in die
Ohren zu bleſſiren. Gluͤcklicher Weiſe hatten die
kakophoniſchen Artiſten den ganzen Tag zum Spaſ¬
ſe oder aus Langerweile vorher mehr getrommelt
als aus Ernſt und Liebe nachher. Unter dem gan¬
zen Weg, waͤhrend Orcheſter und Kaſerne ne¬
ben meinen Pferden gieng, zankt' ich mich aus,
daß ich Floͤrzhuͤbel vor 17 Jahren zu einer Stadt
habilitirt und graduirt hatte, — „ich meine nicht
„deswegen, ſagt' ich zu mir, weil nachher das lan¬
„desherrliche Reſkript dem Floͤrzhuͤbel das Stadt¬
„recht und ſeiner Gens d'Armerie die Monturen
„wieder auszog, oder deswegen, weil wir die ſu¬
„pernumerairen Monturen in Kaſſel verauktioniren
„wollten — ſondern weil ſie mich jetzt nicht ſchla¬
„fen laſſen, welches doch das erſte nicht natuͤrliche
„Ding bleibt.“
Eſſen lieſſen ſie mich gar nicht, weils das
zweite unnatuͤrliche Ding eines regierenden Herrn
iſt. Sann mir nicht der Floͤrzhuͤbelſche Reſtaura¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/70>, abgerufen am 04.12.2024.
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