Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.tin auf 7 Sekunden) im Spiegel, dem er am Kla¬ Deswegen wars meiner Einsicht nach recht wol tin auf 7 Sekunden) im Spiegel, dem er am Kla¬ Deswegen wars meiner Einſicht nach recht wol <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0201" n="191"/> tin auf 7 Sekunden) im Spiegel, dem er am Kla¬<lb/> vier gegenuͤber ſaß, mit ſeinen duͤrſtenden Augen<lb/> das darin flatternde Bild ſeiner theuren Saͤngerin<lb/> kuͤßte — und als das Bild ihn anſah — und als<lb/> das bloͤde Bild vor dem Feuerſtrom ſeines Auges<lb/> das Augenlied niederſchlug — und als er ſich ploͤtz¬<lb/> lich nach dem nahen Original des wegblickenden<lb/> Farben-Schattens umdrehte und ſitzend in das ge¬<lb/> ſenkte Auge der ſtehenden Freundin mit ſeiner Lie¬<lb/> be eindrang und als er in einem Augenblick, den<lb/> alle Sprachen nicht malen, ſich nicht einmal in<lb/> Eine, nicht einmal in Einen Laut ergieſſen durf¬<lb/> te? — Denn es giebt Augenblicke wo der tief aus<lb/> der fremden Seele emporgehobne Schatz wieder zu¬<lb/> ruͤck ſinkt und im Innerſten verſchwindet wenn man<lb/> redet — ja wo das zarte, bewegliche, ſchwimmen¬<lb/> de, brennende Gemaͤlde der ganzen Seele ſich kaum<lb/> in oder <hi rendition="#g">unter</hi> dem tranſparenten Auge wie das<lb/> zerſtiebende Paſtelgebilde unter dem Glaſe be¬<lb/> ſchuͤtzt . . . .</p><lb/> <p>Deswegen wars meiner Einſicht nach recht wol<lb/> gethan, daß er zu Hauſe ſofort einen Liebesbrief<lb/> verfaßte. Durch einen ſolchen Aſſekuranzbrief des<lb/> Herzens verbriefte der Biograph von jeher ſeine Liebe<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0201]
tin auf 7 Sekunden) im Spiegel, dem er am Kla¬
vier gegenuͤber ſaß, mit ſeinen duͤrſtenden Augen
das darin flatternde Bild ſeiner theuren Saͤngerin
kuͤßte — und als das Bild ihn anſah — und als
das bloͤde Bild vor dem Feuerſtrom ſeines Auges
das Augenlied niederſchlug — und als er ſich ploͤtz¬
lich nach dem nahen Original des wegblickenden
Farben-Schattens umdrehte und ſitzend in das ge¬
ſenkte Auge der ſtehenden Freundin mit ſeiner Lie¬
be eindrang und als er in einem Augenblick, den
alle Sprachen nicht malen, ſich nicht einmal in
Eine, nicht einmal in Einen Laut ergieſſen durf¬
te? — Denn es giebt Augenblicke wo der tief aus
der fremden Seele emporgehobne Schatz wieder zu¬
ruͤck ſinkt und im Innerſten verſchwindet wenn man
redet — ja wo das zarte, bewegliche, ſchwimmen¬
de, brennende Gemaͤlde der ganzen Seele ſich kaum
in oder unter dem tranſparenten Auge wie das
zerſtiebende Paſtelgebilde unter dem Glaſe be¬
ſchuͤtzt . . . .
Deswegen wars meiner Einſicht nach recht wol
gethan, daß er zu Hauſe ſofort einen Liebesbrief
verfaßte. Durch einen ſolchen Aſſekuranzbrief des
Herzens verbriefte der Biograph von jeher ſeine Liebe
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