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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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nals kommen ließe und nach dessen kouleurten
Vorbildern die Marien und Apostel (als Herrn)
umkleidete und um die Altäre stellte: so würden
diese Leute mit mehr Lust nachgeahmet und
verehret werden und man wüste doch weswegen
man in die Kirche gienge und was sie gerade in
Paris oder Versailles anhaben, -- man würde die
Moden zu rechter Zeit erfahren und selbst der Pö¬
bel würde etwas Vernünftigeres umthun, die Apo¬
stel würden die Flügelmänner des Anzugs und die
Marie die wahre Himmels-Königin der Weiber
werden. So müssen kirchliche Vorurtheile zu
Staats-Vortheilen genützet werden; so wendete
der Dominikaner-Mönch Rocco in Neapel (nach
Münter) die Narrheit, am Altar der Maria
auf der Straße Lampen zu brennen, zur Vermeh¬
rung dieser Gassen-Altäre und zur -- Straßen-Er¬
leuchtung an.

Ende des Worts über die Puppen.

Ich bin dem Leser noch die Ursache schuldig
aus der die Ministerin sich zur Jeannen-Rolle
drängte -- es war weil ihre Rolle ihr einen kür¬
zern Rock erlaubte, -- oder mit andern Worten,

nals kommen ließe und nach deſſen kouleurten
Vorbildern die Marien und Apoſtel (als Herrn)
umkleidete und um die Altaͤre ſtellte: ſo wuͤrden
dieſe Leute mit mehr Luſt nachgeahmet und
verehret werden und man wuͤſte doch weswegen
man in die Kirche gienge und was ſie gerade in
Paris oder Verſailles anhaben, — man wuͤrde die
Moden zu rechter Zeit erfahren und ſelbſt der Poͤ¬
bel wuͤrde etwas Vernuͤnftigeres umthun, die Apo¬
ſtel wuͤrden die Fluͤgelmaͤnner des Anzugs und die
Marie die wahre Himmels-Koͤnigin der Weiber
werden. So muͤſſen kirchliche Vorurtheile zu
Staats-Vortheilen genuͤtzet werden; ſo wendete
der Dominikaner-Moͤnch Rocco in Neapel (nach
Muͤnter) die Narrheit, am Altar der Maria
auf der Straße Lampen zu brennen, zur Vermeh¬
rung dieſer Gaſſen-Altaͤre und zur — Straßen-Er¬
leuchtung an.

Ende des Worts uͤber die Puppen.

Ich bin dem Leſer noch die Urſache ſchuldig
aus der die Miniſterin ſich zur Jeannen-Rolle
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[207/0217] nals kommen ließe und nach deſſen kouleurten Vorbildern die Marien und Apoſtel (als Herrn) umkleidete und um die Altaͤre ſtellte: ſo wuͤrden dieſe Leute mit mehr Luſt nachgeahmet und verehret werden und man wuͤſte doch weswegen man in die Kirche gienge und was ſie gerade in Paris oder Verſailles anhaben, — man wuͤrde die Moden zu rechter Zeit erfahren und ſelbſt der Poͤ¬ bel wuͤrde etwas Vernuͤnftigeres umthun, die Apo¬ ſtel wuͤrden die Fluͤgelmaͤnner des Anzugs und die Marie die wahre Himmels-Koͤnigin der Weiber werden. So muͤſſen kirchliche Vorurtheile zu Staats-Vortheilen genuͤtzet werden; ſo wendete der Dominikaner-Moͤnch Rocco in Neapel (nach Muͤnter) die Narrheit, am Altar der Maria auf der Straße Lampen zu brennen, zur Vermeh¬ rung dieſer Gaſſen-Altaͤre und zur — Straßen-Er¬ leuchtung an. Ende des Worts uͤber die Puppen. Ich bin dem Leſer noch die Urſache ſchuldig aus der die Miniſterin ſich zur Jeannen-Rolle draͤngte — es war weil ihre Rolle ihr einen kuͤr¬ zern Rock erlaubte, — oder mit andern Worten,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/217>, abgerufen am 21.11.2024.