Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.zens-Schreibtafel wurde immer schmutziger, je Jetzt nach dieser Digression kann der Leser nicht zens-Schreibtafel wurde immer ſchmutziger, je Jetzt nach dieſer Digreſſion kann der Leſer nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0228" n="218"/> zens-Schreibtafel wurde immer ſchmutziger, je<lb/> mehr ſie hinein ſchrieb und heraus wiſchte. Dieſe<lb/> konnte durchaus keinen edeln Menſchen hinterge¬<lb/> hen; jene konnt' es.</p><lb/> <p>Jetzt nach dieſer Digreſſion kann der Leſer nicht<lb/> mehr irre werden, wenn ihr Betragen gegen Gu¬<lb/> ſtav weder aufrichtig noch verſtellt ſondern beides<lb/> iſt. Sie zeigte ihm das Nachtſtuͤck, das der ruſſi¬<lb/> ſche Fuͤrſt dagelaſſen und <choice><sic>daß</sic><corr>das</corr></choice> ſie der richtigern Be¬<lb/> leuchtung wegen in ihrem <hi rendition="#g">Kabinette</hi> aufgehan¬<lb/> gen hatte. Es ſtellte bloß eine Nacht, einen auf¬<lb/> gehenden Mond, eine Indianerin, die ihm auf<lb/> einem Berge entgegenbetet, und einen Juͤngling<lb/> vor, der auch Gebet und Arme an den Mond, die<lb/> Augen aber auf die geliebte Beterin an ſeiner Sei¬<lb/> te richtete: im Hintergrund beleuchtete noch ein<lb/> Johanniswuͤrmchen eine mondloſe Stelle. Sie blie¬<lb/> ben im Kabinet, die Reſidentin verlor ſich in die<lb/> gemalte Nacht, Guſtav ſprach daruͤber: endlich<lb/> erwachte ſie ſchnell aus ihrem Schauen und Schwei¬<lb/> gen mit den ſchlaftrunknen Worten: „meine Ge¬<lb/> burtstage machen mich allemal betruͤbt.“ Sie zeich¬<lb/> nete ihm zum Beweiſe faſt alle dunklern Parthien<lb/> ihrer Lebensgeſchichte vor; das Trauer-Gemaͤlde<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [218/0228]
zens-Schreibtafel wurde immer ſchmutziger, je
mehr ſie hinein ſchrieb und heraus wiſchte. Dieſe
konnte durchaus keinen edeln Menſchen hinterge¬
hen; jene konnt' es.
Jetzt nach dieſer Digreſſion kann der Leſer nicht
mehr irre werden, wenn ihr Betragen gegen Gu¬
ſtav weder aufrichtig noch verſtellt ſondern beides
iſt. Sie zeigte ihm das Nachtſtuͤck, das der ruſſi¬
ſche Fuͤrſt dagelaſſen und das ſie der richtigern Be¬
leuchtung wegen in ihrem Kabinette aufgehan¬
gen hatte. Es ſtellte bloß eine Nacht, einen auf¬
gehenden Mond, eine Indianerin, die ihm auf
einem Berge entgegenbetet, und einen Juͤngling
vor, der auch Gebet und Arme an den Mond, die
Augen aber auf die geliebte Beterin an ſeiner Sei¬
te richtete: im Hintergrund beleuchtete noch ein
Johanniswuͤrmchen eine mondloſe Stelle. Sie blie¬
ben im Kabinet, die Reſidentin verlor ſich in die
gemalte Nacht, Guſtav ſprach daruͤber: endlich
erwachte ſie ſchnell aus ihrem Schauen und Schwei¬
gen mit den ſchlaftrunknen Worten: „meine Ge¬
burtstage machen mich allemal betruͤbt.“ Sie zeich¬
nete ihm zum Beweiſe faſt alle dunklern Parthien
ihrer Lebensgeſchichte vor; das Trauer-Gemaͤlde
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