piquiert mit einer Münze der Westentasche, um die geflohene Hand zu ersetzen -- sind unglücklich gefallen. Die Personen die das Talent haben, Em¬ pfindungen einzuflößen, haben zum Unglück auch das, selber keine zu fühlen. Er heftete seinen Blick plötzlich auf ihre Hemdnadel, an der eine Perle und das Wort l'amitie glänzte; er sah wie¬ der auf seine Bolognesische Münze, auf der wie auf allen Bolognesischen das Wort libertas (Frei¬ heit) stand. "Sie gehen mit der Freundschaft wie Bologna mit der Freiheit um -- beide tragen das als Legende was sie nicht haben." -- Die edleren Menschen können die Worte "Freundschaft, Em¬ pfindung, Tugend" auch von den unedelsten nicht hören, ohne bei diesen Worten das Große zu denken wozu ihr Herz fähig ist. Beata bedeckte einen Seufzer mit ihrer steigenden Brust, der es nur gar zu deutlich sagen wollte, was Empfin¬ dung und Freundschaft ihr für Freuden und für Schmerzen geben, aber den Fürsten gieng er nichts an.
Sein haschender Blick, den er nicht seinem Geschlecht sondern seinem Stande verdankte, erwischte den Seufzer, den er nicht hörte. Er
piquiert mit einer Muͤnze der Weſtentaſche, um die geflohene Hand zu erſetzen — ſind ungluͤcklich gefallen. Die Perſonen die das Talent haben, Em¬ pfindungen einzufloͤßen, haben zum Ungluͤck auch das, ſelber keine zu fuͤhlen. Er heftete ſeinen Blick ploͤtzlich auf ihre Hemdnadel, an der eine Perle und das Wort l'amitié glaͤnzte; er ſah wie¬ der auf ſeine Bologneſiſche Muͤnze, auf der wie auf allen Bologneſiſchen das Wort libertas (Frei¬ heit) ſtand. „Sie gehen mit der Freundſchaft wie Bologna mit der Freiheit um — beide tragen das als Legende was ſie nicht haben.” — Die edleren Menſchen koͤnnen die Worte „Freundſchaft, Em¬ pfindung, Tugend” auch von den unedelſten nicht hoͤren, ohne bei dieſen Worten das Große zu denken wozu ihr Herz faͤhig iſt. Beata bedeckte einen Seufzer mit ihrer ſteigenden Bruſt, der es nur gar zu deutlich ſagen wollte, was Empfin¬ dung und Freundſchaft ihr fuͤr Freuden und fuͤr Schmerzen geben, aber den Fuͤrſten gieng er nichts an.
Sein haſchender Blick, den er nicht ſeinem Geſchlecht ſondern ſeinem Stande verdankte, erwiſchte den Seufzer, den er nicht hoͤrte. Er
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0238"n="228"/>
piquiert mit einer Muͤnze der Weſtentaſche, um<lb/>
die geflohene Hand zu erſetzen —ſind ungluͤcklich<lb/>
gefallen. Die Perſonen die das Talent haben, Em¬<lb/>
pfindungen einzufloͤßen, haben zum Ungluͤck auch<lb/>
das, ſelber keine zu fuͤhlen. Er heftete ſeinen<lb/>
Blick ploͤtzlich auf ihre Hemdnadel, an der eine<lb/>
Perle und das Wort <hirendition="#aq">l'amitié</hi> glaͤnzte; er ſah wie¬<lb/>
der auf ſeine Bologneſiſche Muͤnze, auf der wie<lb/>
auf allen Bologneſiſchen das Wort <hirendition="#aq">libertas</hi> (Frei¬<lb/>
heit) ſtand. „Sie gehen mit der Freundſchaft wie<lb/>
Bologna mit der Freiheit um — beide tragen das<lb/>
als Legende was ſie nicht haben.”— Die edleren<lb/>
Menſchen koͤnnen die Worte „<hirendition="#g">Freundſchaft</hi>, <hirendition="#g">Em¬<lb/>
pfindung</hi>, <hirendition="#g">Tugend</hi>” auch von den unedelſten<lb/>
nicht hoͤren, ohne bei dieſen Worten das Große<lb/>
zu denken wozu ihr Herz faͤhig iſt. Beata bedeckte<lb/>
einen Seufzer mit ihrer ſteigenden Bruſt, der es<lb/>
nur gar zu deutlich ſagen wollte, was Empfin¬<lb/>
dung und Freundſchaft ihr fuͤr Freuden und fuͤr<lb/>
Schmerzen geben, aber den Fuͤrſten gieng er nichts<lb/>
an.</p><lb/><p>Sein haſchender Blick, den er nicht ſeinem<lb/><hirendition="#g">Geſchlecht</hi>ſondern ſeinem <hirendition="#g">Stande</hi> verdankte,<lb/>
erwiſchte den Seufzer, den er nicht hoͤrte. Er<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[228/0238]
piquiert mit einer Muͤnze der Weſtentaſche, um
die geflohene Hand zu erſetzen — ſind ungluͤcklich
gefallen. Die Perſonen die das Talent haben, Em¬
pfindungen einzufloͤßen, haben zum Ungluͤck auch
das, ſelber keine zu fuͤhlen. Er heftete ſeinen
Blick ploͤtzlich auf ihre Hemdnadel, an der eine
Perle und das Wort l'amitié glaͤnzte; er ſah wie¬
der auf ſeine Bologneſiſche Muͤnze, auf der wie
auf allen Bologneſiſchen das Wort libertas (Frei¬
heit) ſtand. „Sie gehen mit der Freundſchaft wie
Bologna mit der Freiheit um — beide tragen das
als Legende was ſie nicht haben.” — Die edleren
Menſchen koͤnnen die Worte „Freundſchaft, Em¬
pfindung, Tugend” auch von den unedelſten
nicht hoͤren, ohne bei dieſen Worten das Große
zu denken wozu ihr Herz faͤhig iſt. Beata bedeckte
einen Seufzer mit ihrer ſteigenden Bruſt, der es
nur gar zu deutlich ſagen wollte, was Empfin¬
dung und Freundſchaft ihr fuͤr Freuden und fuͤr
Schmerzen geben, aber den Fuͤrſten gieng er nichts
an.
Sein haſchender Blick, den er nicht ſeinem
Geſchlecht ſondern ſeinem Stande verdankte,
erwiſchte den Seufzer, den er nicht hoͤrte. Er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/238>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.