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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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war jezt wegen der Kanikularferien Votier-Wind¬
stille -- im Winter könnte man wegen der Kälte
Frostferien und eben so gut einen Winterschlaf der
Geschäfte als die Sommer-Sieste derselben, in
Gebrauch setzen, wie denn auch die bekannten
Thiere beider Extreme wegen zu Hause bleiben
müssen -- mithin konnte der Minister leichter mit
dem Fürsten abkommen und beide waren länger
da. Ohne mich würde der Leser nie erfahren, war¬
um das fürstliche Daseyn Anlaß war, daß Beata
das stille Land gegen ihr stilles Zimmer vertauschte.
So wars: unser Fürst ist zwar ein wenig hart,
ein wenig geizig und weidet seine Heerde öfter mit
dem Hirtenstabe als mit der Hirtenflöte;
aber er wird eben so gern ein Schäfer in einem
schönern Sinn und geht gern vom Throne, wo
ihn die Landeskinder anbeten, zu jeder Staffel
desselben herunter, um selber ein schönes anzube¬
ten -- er kann zwar das Volk, aber keine Schö¬
ne seufzen hören; er wendet ämsiger eine gesell¬
schaftliche Verlegenheit als eine Theuerung ab; er
bleibet lieber den Landständen als seinem Gegenspie¬
ler etwas schuldig und bauet keine abgebrennte
Stadt, aber eine demolierte Frisur willig wieder

war jezt wegen der Kanikularferien Votier-Wind¬
ſtille — im Winter koͤnnte man wegen der Kaͤlte
Froſtferien und eben ſo gut einen Winterſchlaf der
Geſchaͤfte als die Sommer-Sieſte derſelben, in
Gebrauch ſetzen, wie denn auch die bekannten
Thiere beider Extreme wegen zu Hauſe bleiben
muͤſſen — mithin konnte der Miniſter leichter mit
dem Fuͤrſten abkommen und beide waren laͤnger
da. Ohne mich wuͤrde der Leſer nie erfahren, war¬
um das fuͤrſtliche Daſeyn Anlaß war, daß Beata
das ſtille Land gegen ihr ſtilles Zimmer vertauſchte.
So wars: unſer Fuͤrſt iſt zwar ein wenig hart,
ein wenig geizig und weidet ſeine Heerde oͤfter mit
dem Hirtenſtabe als mit der Hirtenfloͤte;
aber er wird eben ſo gern ein Schaͤfer in einem
ſchoͤnern Sinn und geht gern vom Throne, wo
ihn die Landeskinder anbeten, zu jeder Staffel
deſſelben herunter, um ſelber ein ſchoͤnes anzube¬
ten — er kann zwar das Volk, aber keine Schoͤ¬
ne ſeufzen hoͤren; er wendet aͤmſiger eine geſell¬
ſchaftliche Verlegenheit als eine Theuerung ab; er
bleibet lieber den Landſtaͤnden als ſeinem Gegenſpie¬
ler etwas ſchuldig und bauet keine abgebrennte
Stadt, aber eine demolierte Friſur willig wieder

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[15/0025] war jezt wegen der Kanikularferien Votier-Wind¬ ſtille — im Winter koͤnnte man wegen der Kaͤlte Froſtferien und eben ſo gut einen Winterſchlaf der Geſchaͤfte als die Sommer-Sieſte derſelben, in Gebrauch ſetzen, wie denn auch die bekannten Thiere beider Extreme wegen zu Hauſe bleiben muͤſſen — mithin konnte der Miniſter leichter mit dem Fuͤrſten abkommen und beide waren laͤnger da. Ohne mich wuͤrde der Leſer nie erfahren, war¬ um das fuͤrſtliche Daſeyn Anlaß war, daß Beata das ſtille Land gegen ihr ſtilles Zimmer vertauſchte. So wars: unſer Fuͤrſt iſt zwar ein wenig hart, ein wenig geizig und weidet ſeine Heerde oͤfter mit dem Hirtenſtabe als mit der Hirtenfloͤte; aber er wird eben ſo gern ein Schaͤfer in einem ſchoͤnern Sinn und geht gern vom Throne, wo ihn die Landeskinder anbeten, zu jeder Staffel deſſelben herunter, um ſelber ein ſchoͤnes anzube¬ ten — er kann zwar das Volk, aber keine Schoͤ¬ ne ſeufzen hoͤren; er wendet aͤmſiger eine geſell¬ ſchaftliche Verlegenheit als eine Theuerung ab; er bleibet lieber den Landſtaͤnden als ſeinem Gegenſpie¬ ler etwas ſchuldig und bauet keine abgebrennte Stadt, aber eine demolierte Friſur willig wieder

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/25>, abgerufen am 21.11.2024.