lich und so steif gefunden wird als in der Malerei eine geometrische -- wo der Teufel völlig los und der heilige Geist in der Wüste ist und wo man Leuten, die in Auenthal oder sonst krumme Sonden in den Händen halten und damit die fremden Kör¬ per und Splitter aus den Wunden des Staates he¬ ben wollen, ins Gesicht sagt: sie wären nicht recht gescheut . . . .
Ich wollt' es wär' wahr: so wär' ich wenigstens recht gesund. Nach einem solchen Klumpen von Ichs, woraus ein Staatskörper wie aus Monaden besteht, ist das meinige zu winzig, um vorgenommen und be¬ sehen zu werden. Sonst könnt' ich jetzt zu den Be¬ sorgnissen um den Staat die um mich selber erzählen
-- Und doch will ich dem Leser meine Qualen oder sieben Worte am Kreuze sagen, wiewohl er selber mich an das Kreuz, unter welchem er mich bedauern will, hat schlagen helfen. Im Grunde fragt kein Teufel viel nach meinem Siechthum. Ich sitze hier und stelle mir aus unvergoltener Liebe zum Leser den ganzen Tag vor, daß Feuer kann geschrien werden, das gleich einem Autodafee alle meine biographischen Papiere in Asche legt und vielleicht auch den Verfas¬ ser -- ich stelle mir ferner vor und martere mich, daß
lich und ſo ſteif gefunden wird als in der Malerei eine geometriſche — wo der Teufel voͤllig los und der heilige Geiſt in der Wuͤſte iſt und wo man Leuten, die in Auenthal oder ſonſt krumme Sonden in den Haͤnden halten und damit die fremden Koͤr¬ per und Splitter aus den Wunden des Staates he¬ ben wollen, ins Geſicht ſagt: ſie waͤren nicht recht geſcheut . . . .
Ich wollt' es waͤr' wahr: ſo waͤr' ich wenigſtens recht geſund. Nach einem ſolchen Klumpen von Ichs, woraus ein Staatskoͤrper wie aus Monaden beſteht, iſt das meinige zu winzig, um vorgenommen und be¬ ſehen zu werden. Sonſt koͤnnt' ich jetzt zu den Be¬ ſorgniſſen um den Staat die um mich ſelber erzaͤhlen
— Und doch will ich dem Leſer meine Qualen oder ſieben Worte am Kreuze ſagen, wiewohl er ſelber mich an das Kreuz, unter welchem er mich bedauern will, hat ſchlagen helfen. Im Grunde fragt kein Teufel viel nach meinem Siechthum. Ich ſitze hier und ſtelle mir aus unvergoltener Liebe zum Leſer den ganzen Tag vor, daß Feuer kann geſchrien werden, das gleich einem Autodafee alle meine biographiſchen Papiere in Aſche legt und vielleicht auch den Verfaſ¬ ſer — ich ſtelle mir ferner vor und martere mich, daß
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0261"n="251"/>
lich und ſo ſteif gefunden wird als in der <hirendition="#g">Malerei</hi><lb/>
eine <hirendition="#g">geometriſche</hi>— wo der Teufel voͤllig los<lb/>
und der heilige Geiſt in der Wuͤſte iſt und wo man<lb/>
Leuten, die in Auenthal oder ſonſt krumme Sonden<lb/>
in den Haͤnden halten und damit die fremden Koͤr¬<lb/>
per und Splitter aus den Wunden des Staates he¬<lb/>
ben wollen, ins Geſicht ſagt: ſie waͤren nicht recht<lb/>
geſcheut . . . .</p><lb/><p>Ich wollt' es waͤr' wahr: ſo waͤr' ich wenigſtens<lb/>
recht geſund. Nach einem ſolchen Klumpen von Ichs,<lb/>
woraus ein Staatskoͤrper wie aus Monaden beſteht,<lb/>
iſt das meinige zu winzig, um vorgenommen und be¬<lb/>ſehen zu werden. Sonſt koͤnnt' ich jetzt zu den Be¬<lb/>ſorgniſſen um den Staat die um mich ſelber erzaͤhlen</p><lb/><p>— Und doch will ich dem Leſer meine Qualen oder<lb/>ſieben Worte am Kreuze ſagen, wiewohl er ſelber<lb/>
mich an das Kreuz, unter welchem er mich bedauern<lb/>
will, hat ſchlagen helfen. Im Grunde fragt kein<lb/>
Teufel viel nach meinem Siechthum. Ich ſitze hier<lb/>
und ſtelle mir aus unvergoltener Liebe zum Leſer den<lb/>
ganzen Tag vor, daß Feuer kann geſchrien werden,<lb/>
das gleich einem <choice><sic>Autorofen</sic><corrtype="corrigenda">Autodafee</corr></choice> alle meine biographiſchen<lb/>
Papiere in Aſche legt und vielleicht auch den Verfaſ¬<lb/>ſer — ich ſtelle mir ferner vor und martere mich, daß<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[251/0261]
lich und ſo ſteif gefunden wird als in der Malerei
eine geometriſche — wo der Teufel voͤllig los
und der heilige Geiſt in der Wuͤſte iſt und wo man
Leuten, die in Auenthal oder ſonſt krumme Sonden
in den Haͤnden halten und damit die fremden Koͤr¬
per und Splitter aus den Wunden des Staates he¬
ben wollen, ins Geſicht ſagt: ſie waͤren nicht recht
geſcheut . . . .
Ich wollt' es waͤr' wahr: ſo waͤr' ich wenigſtens
recht geſund. Nach einem ſolchen Klumpen von Ichs,
woraus ein Staatskoͤrper wie aus Monaden beſteht,
iſt das meinige zu winzig, um vorgenommen und be¬
ſehen zu werden. Sonſt koͤnnt' ich jetzt zu den Be¬
ſorgniſſen um den Staat die um mich ſelber erzaͤhlen
— Und doch will ich dem Leſer meine Qualen oder
ſieben Worte am Kreuze ſagen, wiewohl er ſelber
mich an das Kreuz, unter welchem er mich bedauern
will, hat ſchlagen helfen. Im Grunde fragt kein
Teufel viel nach meinem Siechthum. Ich ſitze hier
und ſtelle mir aus unvergoltener Liebe zum Leſer den
ganzen Tag vor, daß Feuer kann geſchrien werden,
das gleich einem Autodafee alle meine biographiſchen
Papiere in Aſche legt und vielleicht auch den Verfaſ¬
ſer — ich ſtelle mir ferner vor und martere mich, daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/261>, abgerufen am 01.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.