Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.nen, die aus dem Auge des Mitleids entwischen. -- Die Wolke war verronnen und verzogen. Der nen, die aus dem Auge des Mitleids entwiſchen. — Die Wolke war verronnen und verzogen. Der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0323" n="313"/> nen, die aus dem Auge des Mitleids entwiſchen. —<lb/> Wir ſtellten uns alle unter die naͤchſten Baͤume. Gu¬<lb/> ſtav und Beata ſtanden ſeit vielen Monaten zum er¬<lb/> ſtenmale wieder einſam neben einander, ohne Oh¬<lb/> renzeugen, obwohl neben Augenzeugen. Sie wa¬<lb/> ren gegen Abend gekehrt und ſchwiegen. Es giebt<lb/> Lagen, wo der Menſch ſich zu groß fuͤhlt, ein Ge¬<lb/> ſpraͤch heran zu lenken, oder fein zu ſeyn, oder An¬<lb/> ſpielungen zu machen. Beide verſtummten fort, bis<lb/> Guſtav in der heißeſten Sonnenwende ſeiner Empfin¬<lb/> dungen ſich von der uͤberſchwemmten Abendgegend<lb/> umkehrte zu Beatens Augen hin — ihre hoben ſich<lb/> langſam und unverhuͤllt zu ſeinen auf und der Mund<lb/> unter ihnen blieb erhaben ruhig und ihre Seele war<lb/> bei niemand als bei Gott und der Tugend.</p><lb/> <p>Die Wolke war verronnen und verzogen. Der<lb/> Doktor hatte heim zu eilen. Niemand konnte aus<lb/> ſeinem genießenden Schweigen heraus. So ſtumm<lb/> waren wir alle die Terraſſe hinunter gekommen, —<lb/> und jedes war auch ſchon von ſeinem belaubten<lb/> Parapluͤen hinweg — als auf einmal die tiefe Son¬<lb/> ne die ſchwarze Wolkendecke durchbrannte und ent¬<lb/> zwei riß und den Leichenſchleier des Gewitters weit<lb/> zuruͤck ſchlug und uns uͤberſtrahlte und die glim¬<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [313/0323]
nen, die aus dem Auge des Mitleids entwiſchen. —
Wir ſtellten uns alle unter die naͤchſten Baͤume. Gu¬
ſtav und Beata ſtanden ſeit vielen Monaten zum er¬
ſtenmale wieder einſam neben einander, ohne Oh¬
renzeugen, obwohl neben Augenzeugen. Sie wa¬
ren gegen Abend gekehrt und ſchwiegen. Es giebt
Lagen, wo der Menſch ſich zu groß fuͤhlt, ein Ge¬
ſpraͤch heran zu lenken, oder fein zu ſeyn, oder An¬
ſpielungen zu machen. Beide verſtummten fort, bis
Guſtav in der heißeſten Sonnenwende ſeiner Empfin¬
dungen ſich von der uͤberſchwemmten Abendgegend
umkehrte zu Beatens Augen hin — ihre hoben ſich
langſam und unverhuͤllt zu ſeinen auf und der Mund
unter ihnen blieb erhaben ruhig und ihre Seele war
bei niemand als bei Gott und der Tugend.
Die Wolke war verronnen und verzogen. Der
Doktor hatte heim zu eilen. Niemand konnte aus
ſeinem genießenden Schweigen heraus. So ſtumm
waren wir alle die Terraſſe hinunter gekommen, —
und jedes war auch ſchon von ſeinem belaubten
Parapluͤen hinweg — als auf einmal die tiefe Son¬
ne die ſchwarze Wolkendecke durchbrannte und ent¬
zwei riß und den Leichenſchleier des Gewitters weit
zuruͤck ſchlug und uns uͤberſtrahlte und die glim¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |