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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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Eine solche Ausarbeitung wäre meine Sache. . .
Aber da ich hier zum erstenmale in meinem Leben
mich mit meiner Reiskohle an das Blumenstück ge¬
malter Liebe mache: so muß auf der Stelle abge¬
brochen werden, damit fortgerissen werde Morgen
um 6 Uhr mit weniger niedergebranntem Feuer. --

Wenn Venedig, Rom und Wien und die gan¬
ze Luststädte-Bank zusammenthäten und mich
mit einem solchen Karnaval beschenken wollten, das
dem beikäme, welches mitten in der schwarzen
Kantors-Stube war, wo wir Kinder von 8 Uhr
bis 11 forttanzten (so lange währte unsre Faschings¬
zeit, in der wir den Appetit zur Fastnachts-Hirse
versprangen): so machten sich jene Residenzstädte
zwar an etwas Unmögliches und Lächerliches -- aber
doch an nichts so Unmögliches, als wenn sie dem
Alumnus Wuz den Fastnachtsmorgen mit seinen
Karnevalslustbarkeiten wiedergeben wollten, da er
als unterer Sekundaner auf Besuch, in der Tanz-
und Schulstube seines Vaters am Morgen gegen 10
Uhr ordentlich verliebt wurde. Eine solche Faschings¬
lustbarkeit -- trautes Schulmeisterlein, wo denkst du
hin? -- Aber er dachte an nichts hin als zur Justina,
die ich selten oder niemals wie die Auenthaler Ju¬

Eine ſolche Ausarbeitung waͤre meine Sache. . .
Aber da ich hier zum erſtenmale in meinem Leben
mich mit meiner Reiskohle an das Blumenſtuͤck ge¬
malter Liebe mache: ſo muß auf der Stelle abge¬
brochen werden, damit fortgeriſſen werde Morgen
um 6 Uhr mit weniger niedergebranntem Feuer. —

Wenn Venedig, Rom und Wien und die gan¬
ze Luſtſtaͤdte-Bank zuſammenthaͤten und mich
mit einem ſolchen Karnaval beſchenken wollten, das
dem beikaͤme, welches mitten in der ſchwarzen
Kantors-Stube war, wo wir Kinder von 8 Uhr
bis 11 forttanzten (ſo lange waͤhrte unſre Faſchings¬
zeit, in der wir den Appetit zur Faſtnachts-Hirſe
verſprangen): ſo machten ſich jene Reſidenzſtaͤdte
zwar an etwas Unmoͤgliches und Laͤcherliches — aber
doch an nichts ſo Unmoͤgliches, als wenn ſie dem
Alumnus Wuz den Faſtnachtsmorgen mit ſeinen
Karnevalsluſtbarkeiten wiedergeben wollten, da er
als unterer Sekundaner auf Beſuch, in der Tanz-
und Schulſtube ſeines Vaters am Morgen gegen 10
Uhr ordentlich verliebt wurde. Eine ſolche Faſchings¬
luſtbarkeit — trautes Schulmeiſterlein, wo denkſt du
hin? — Aber er dachte an nichts hin als zur Juſtina,
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[388/0398] Eine ſolche Ausarbeitung waͤre meine Sache. . . Aber da ich hier zum erſtenmale in meinem Leben mich mit meiner Reiskohle an das Blumenſtuͤck ge¬ malter Liebe mache: ſo muß auf der Stelle abge¬ brochen werden, damit fortgeriſſen werde Morgen um 6 Uhr mit weniger niedergebranntem Feuer. — Wenn Venedig, Rom und Wien und die gan¬ ze Luſtſtaͤdte-Bank zuſammenthaͤten und mich mit einem ſolchen Karnaval beſchenken wollten, das dem beikaͤme, welches mitten in der ſchwarzen Kantors-Stube war, wo wir Kinder von 8 Uhr bis 11 forttanzten (ſo lange waͤhrte unſre Faſchings¬ zeit, in der wir den Appetit zur Faſtnachts-Hirſe verſprangen): ſo machten ſich jene Reſidenzſtaͤdte zwar an etwas Unmoͤgliches und Laͤcherliches — aber doch an nichts ſo Unmoͤgliches, als wenn ſie dem Alumnus Wuz den Faſtnachtsmorgen mit ſeinen Karnevalsluſtbarkeiten wiedergeben wollten, da er als unterer Sekundaner auf Beſuch, in der Tanz- und Schulſtube ſeines Vaters am Morgen gegen 10 Uhr ordentlich verliebt wurde. Eine ſolche Faſchings¬ luſtbarkeit — trautes Schulmeiſterlein, wo denkſt du hin? — Aber er dachte an nichts hin als zur Juſtina, die ich ſelten oder niemals wie die Auenthaler Ju¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/398>, abgerufen am 22.11.2024.