Bauern hätten nur so gescheut seyn sollen, daß sie dir schnackischem, lächelndem, trippelnden, Hände¬ reibendem Dinge ins gallenlose überzuckerte Herz hineingesehen hätten; was hätten sie da ertapt? Freude in deinen zwei Herzens-Kammern, Freude in deinen zwei Herzens-Ohren. Du numeriertest bloß, gutes Ding! das ich je länger je lieber gewin¬ ne, deine künftigen Schulbuben und Schulmädgen in den Kirchstühlen zusammen und setztest sie sämmt¬ lich in deine Schulstube und um deine winzige Nase herum und nahmest dir vor, mit der letzten täglich Vormittags und Nachmittags einmal zu niesen und vorher zu schnupfen, bloß damit dein ganzes Insti¬ tut wie besessen aufführe und zuriefe: Helf Gott, Herr Kantner! die Bauern hätten ferner in deinem Herzen die Freude angetroffen, die du hattest, ein Setzer von Folioziffern zu seyn die so lang sind wie die am Zifferblatt der Thurmuhr, in dem du jeden Sonntag an der schwarzen Liedertafel in öffentlichen Druck gabst, auf welcher Pagina das nächste Lied zu suchen sei -- wir Autores treten mit schlechterem Zeuge im Drucke auf; -- ferner die Freude, deinem Schwiegervater und deiner Braut im Singen vorzu¬ reiten; und endlich deine Hofnung, den Bodensatz
Bauern haͤtten nur ſo geſcheut ſeyn ſollen, daß ſie dir ſchnackiſchem, laͤchelndem, trippelnden, Haͤnde¬ reibendem Dinge ins gallenloſe uͤberzuckerte Herz hineingeſehen haͤtten; was haͤtten ſie da ertapt? Freude in deinen zwei Herzens-Kammern, Freude in deinen zwei Herzens-Ohren. Du numerierteſt bloß, gutes Ding! das ich je laͤnger je lieber gewin¬ ne, deine kuͤnftigen Schulbuben und Schulmaͤdgen in den Kirchſtuͤhlen zuſammen und ſetzteſt ſie ſaͤmmt¬ lich in deine Schulſtube und um deine winzige Naſe herum und nahmeſt dir vor, mit der letzten taͤglich Vormittags und Nachmittags einmal zu nieſen und vorher zu ſchnupfen, bloß damit dein ganzes Inſti¬ tut wie beſeſſen auffuͤhre und zuriefe: Helf Gott, Herr Kantner! die Bauern haͤtten ferner in deinem Herzen die Freude angetroffen, die du hatteſt, ein Setzer von Folioziffern zu ſeyn die ſo lang ſind wie die am Zifferblatt der Thurmuhr, in dem du jeden Sonntag an der ſchwarzen Liedertafel in oͤffentlichen Druck gabſt, auf welcher Pagina das naͤchſte Lied zu ſuchen ſei — wir Autores treten mit ſchlechterem Zeuge im Drucke auf; — ferner die Freude, deinem Schwiegervater und deiner Braut im Singen vorzu¬ reiten; und endlich deine Hofnung, den Bodenſatz
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Bauern haͤtten nur ſo geſcheut ſeyn ſollen, daß ſie
dir ſchnackiſchem, laͤchelndem, trippelnden, Haͤnde¬
reibendem Dinge ins gallenloſe uͤberzuckerte Herz
hineingeſehen haͤtten; was haͤtten ſie da ertapt?
Freude in deinen zwei Herzens-Kammern, Freude
in deinen zwei Herzens-Ohren. Du numerierteſt
bloß, gutes Ding! das ich je laͤnger je lieber gewin¬
ne, deine kuͤnftigen Schulbuben und Schulmaͤdgen
in den Kirchſtuͤhlen zuſammen und ſetzteſt ſie ſaͤmmt¬
lich in deine Schulſtube und um deine winzige Naſe
herum und nahmeſt dir vor, mit der letzten taͤglich
Vormittags und Nachmittags einmal zu nieſen und
vorher zu ſchnupfen, bloß damit dein ganzes Inſti¬
tut wie beſeſſen auffuͤhre und zuriefe: Helf Gott,
Herr Kantner! die Bauern haͤtten ferner in deinem
Herzen die Freude angetroffen, die du hatteſt, ein
Setzer von Folioziffern zu ſeyn die ſo lang ſind wie
die am Zifferblatt der Thurmuhr, in dem du jeden
Sonntag an der ſchwarzen Liedertafel in oͤffentlichen
Druck gabſt, auf welcher Pagina das naͤchſte Lied zu
ſuchen ſei — wir Autores treten mit ſchlechterem
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/420>, abgerufen am 22.11.2024.
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