sten Schulmeister haben: mich wunderts gar nicht, wenn sie an einem solchen Courtage nicht vermögen, bescheiden zu verbleiben. Selbst unser Wuz konnte sichs nicht verstecken! was es sagen will, unter tau¬ send Menschen allein zu orgeln -- ein wahres Erb- Amt zu versehen und den geistlichen Krönungsman¬ tel dem Senior über zu henken und seyn Valet de fan¬ taisie und Kammermohr zu seyn -- über ein ganzes von der Sonne illuminiertes Chor Territorialherr¬ schaft zu exerzieren, als amtierender Chor-Maire auf seinem Orgel-Fürstenstuhl die Poesie einer Parochie noch besser zu beherrschen als der Pfarrer die Prose derselben kommandiert -- und nach der Predigt über das Geländer hinab völlige fürstl. Befehle sans facon mit lauter Stimme weniger zu geben als abzulesen. . . . . Wahrhaftig, man sollte denken, hier oder nirgends thät' es Noth, daß ich meinem Wuz zurie¬ fe; "bedenke, was du vor wenig Monaten warest! Ueberleg', daß nicht alle Menschen Kantores werden können und mach' dir die vortheilhafte Ungleichheit der Stände zu Nutze, ohne sie zu mißbrauchen und ohne darum mich und meine Zuhörer am Ofen zu verachten." -- -- Aber nein! auf meine Ehre, das gutartige Meisterlein denkt ohnehin nicht daran: die
ſten Schulmeiſter haben: mich wunderts gar nicht, wenn ſie an einem ſolchen Courtage nicht vermoͤgen, beſcheiden zu verbleiben. Selbſt unſer Wuz konnte ſichs nicht verſtecken! was es ſagen will, unter tau¬ ſend Menſchen allein zu orgeln — ein wahres Erb- Amt zu verſehen und den geiſtlichen Kroͤnungsman¬ tel dem Senior uͤber zu henken und ſeyn Valet de fan¬ taiſie und Kammermohr zu ſeyn — uͤber ein ganzes von der Sonne illuminiertes Chor Territorialherr¬ ſchaft zu exerzieren, als amtierender Chor-Maire auf ſeinem Orgel-Fuͤrſtenſtuhl die Poeſie einer Parochie noch beſſer zu beherrſchen als der Pfarrer die Proſe derſelben kommandiert — und nach der Predigt uͤber das Gelaͤnder hinab voͤllige fuͤrſtl. Befehle ſans façon mit lauter Stimme weniger zu geben als abzuleſen. . . . . Wahrhaftig, man ſollte denken, hier oder nirgends thaͤt' es Noth, daß ich meinem Wuz zurie¬ fe; „bedenke, was du vor wenig Monaten wareſt! Ueberleg', daß nicht alle Menſchen Kantores werden koͤnnen und mach' dir die vortheilhafte Ungleichheit der Staͤnde zu Nutze, ohne ſie zu mißbrauchen und ohne darum mich und meine Zuhoͤrer am Ofen zu verachten.“ — — Aber nein! auf meine Ehre, das gutartige Meiſterlein denkt ohnehin nicht daran: die
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ſten Schulmeiſter haben: mich wunderts gar nicht,
wenn ſie an einem ſolchen Courtage nicht vermoͤgen,
beſcheiden zu verbleiben. Selbſt unſer Wuz konnte
ſichs nicht verſtecken! was es ſagen will, unter tau¬
ſend Menſchen allein zu orgeln — ein wahres Erb-
Amt zu verſehen und den geiſtlichen Kroͤnungsman¬
tel dem Senior uͤber zu henken und ſeyn Valet de fan¬
taiſie und Kammermohr zu ſeyn — uͤber ein ganzes
von der Sonne illuminiertes Chor Territorialherr¬
ſchaft zu exerzieren, als amtierender Chor-Maire auf
ſeinem Orgel-Fuͤrſtenſtuhl die Poeſie einer Parochie
noch beſſer zu beherrſchen als der Pfarrer die Proſe
derſelben kommandiert — und nach der Predigt uͤber
das Gelaͤnder hinab voͤllige fuͤrſtl. Befehle ſans façon
mit lauter Stimme weniger zu geben als abzuleſen.
. . . . Wahrhaftig, man ſollte denken, hier oder
nirgends thaͤt' es Noth, daß ich meinem Wuz zurie¬
fe; „bedenke, was du vor wenig Monaten wareſt!
Ueberleg', daß nicht alle Menſchen Kantores werden
koͤnnen und mach' dir die vortheilhafte Ungleichheit
der Staͤnde zu Nutze, ohne ſie zu mißbrauchen und
ohne darum mich und meine Zuhoͤrer am Ofen zu
verachten.“ — — Aber nein! auf meine Ehre, das
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/419>, abgerufen am 15.06.2024.
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