Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.Freundes tritt und langsam mit eiskalten Hän¬ Ich blieb den ganzen Tag und sagte abends, Um 111/2 Uhr Nachts kamen Wuzens zwei be¬ Freundes tritt und langſam mit eiskalten Haͤn¬ Ich blieb den ganzen Tag und ſagte abends, Um 11½ Uhr Nachts kamen Wuzens zwei be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0450" n="440"/> Freundes tritt und langſam mit eiskalten Haͤn¬<lb/> den in ſeine warme Bruſt hinein dringt und<lb/> das vergnuͤgt ſchlagende Herz erſchreckt, faͤngt und<lb/> auf immer anhaͤlt. Aber endlich koͤmmt die Mi¬<lb/> nute und ihr Begleiter doch.</p><lb/> <p>Ich blieb den ganzen Tag und ſagte abends,<lb/> ich koͤnnte zu Nachts wachen. Sein lebhaftes Ge¬<lb/> hirn und ſein zuckendes Geſicht hatten mich feſt<lb/> uͤberzeugt, in der Nacht wuͤrde der Schlag ſich<lb/> wiederholen; es geſchah aber nicht; welches mir<lb/> und dem Schulmeiſterlein ein weſentlicher Gefallen<lb/> war. Denn es hatte mir geſagt — auch in ſei¬<lb/> nem letzten Traktaͤtgen ſtehts — nichts waͤre ſchoͤ¬<lb/> ner und leichter als an einem heitern Tage zu ſter¬<lb/> ben, die Seele ſaͤhe durch die geſchloſſenen Augen<lb/> die hohe Sonne noch und ſie ſtiege aus dem ver¬<lb/> trockneten Leib in das weite blaue Lichtmeer drauſ¬<lb/> ſen; hingegen in einer finſtern bruͤllenden Nacht<lb/> aus dem warmen Leibe zu muͤſſen, den langen<lb/> Fall ins Grab ſo einſam zu thun, wenn die gan¬<lb/> ze Natur ſelber da ſaͤße und die Augen ſterbend zu¬<lb/> haͤtte — das waͤre ein zu harter Tod.</p><lb/> <p>Um 11½ Uhr Nachts kamen Wuzens zwei be¬<lb/> ſten <hi rendition="#g">Jugendfreunde</hi> noch einmal vor ſein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [440/0450]
Freundes tritt und langſam mit eiskalten Haͤn¬
den in ſeine warme Bruſt hinein dringt und
das vergnuͤgt ſchlagende Herz erſchreckt, faͤngt und
auf immer anhaͤlt. Aber endlich koͤmmt die Mi¬
nute und ihr Begleiter doch.
Ich blieb den ganzen Tag und ſagte abends,
ich koͤnnte zu Nachts wachen. Sein lebhaftes Ge¬
hirn und ſein zuckendes Geſicht hatten mich feſt
uͤberzeugt, in der Nacht wuͤrde der Schlag ſich
wiederholen; es geſchah aber nicht; welches mir
und dem Schulmeiſterlein ein weſentlicher Gefallen
war. Denn es hatte mir geſagt — auch in ſei¬
nem letzten Traktaͤtgen ſtehts — nichts waͤre ſchoͤ¬
ner und leichter als an einem heitern Tage zu ſter¬
ben, die Seele ſaͤhe durch die geſchloſſenen Augen
die hohe Sonne noch und ſie ſtiege aus dem ver¬
trockneten Leib in das weite blaue Lichtmeer drauſ¬
ſen; hingegen in einer finſtern bruͤllenden Nacht
aus dem warmen Leibe zu muͤſſen, den langen
Fall ins Grab ſo einſam zu thun, wenn die gan¬
ze Natur ſelber da ſaͤße und die Augen ſterbend zu¬
haͤtte — das waͤre ein zu harter Tod.
Um 11½ Uhr Nachts kamen Wuzens zwei be¬
ſten Jugendfreunde noch einmal vor ſein
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/450>, abgerufen am 22.06.2024. |