feurige Kind wie seines (er hatte nur eins, aber keinen Sohn); -- der Ritter hatte Ver¬ trauen auf ihn, und, um dieses zu rechtfertigen, würd' er, da der Ehrenpunkt der Schwerpunkt und die Himmelsaxe aller seiner Bewegungen war, sich ohne Bedenken, wenn der Knabe z. B. den Hals gebrochen hätte, seinen abge¬ schnitten haben; -- auch sollte Albano Abends vor dem neuen Lehrer aus der Stadt auffal¬ lend gut bestehen.
Albine von Wehrfriz, die Gemahlin, ver¬ sprach alles hoch und theuer; sie konnte sich dem Evangelisten Markus und Johannes gleich setzen, weil ihr heftiger Mann die Gesellschafts- Thiere beider, die Thierkönige Löwe und Ad¬ ler, öfters repräsentirte, so wie sich manche andere Gattinn in Hinsicht ihrer Begleitung mit dem Lucas vergleichen mag und meine mit dem Matthäus.*) Sie hatte ohnehin auf Abends ein kleines Familienfest voll spielender buntgefärbter Ephemeren der Freude ausge¬ schrieben; und zum größten Glück war schon
*) Bekanntlich wird diesem Evangelisten ein En¬ gel beigesellet.
feurige Kind wie ſeines (er hatte nur eins, aber keinen Sohn); — der Ritter hatte Ver¬ trauen auf ihn, und, um dieſes zu rechtfertigen, würd' er, da der Ehrenpunkt der Schwerpunkt und die Himmelsaxe aller ſeiner Bewegungen war, ſich ohne Bedenken, wenn der Knabe z. B. den Hals gebrochen hätte, ſeinen abge¬ ſchnitten haben; — auch ſollte Albano Abends vor dem neuen Lehrer aus der Stadt auffal¬ lend gut beſtehen.
Albine von Wehrfriz, die Gemahlin, ver¬ ſprach alles hoch und theuer; ſie konnte ſich dem Evangeliſten Markus und Johannes gleich ſetzen, weil ihr heftiger Mann die Geſellſchafts- Thiere beider, die Thierkönige Löwe und Ad¬ ler, öfters repräſentirte, ſo wie ſich manche andere Gattinn in Hinſicht ihrer Begleitung mit dem Lucas vergleichen mag und meine mit dem Matthäus.*) Sie hatte ohnehin auf Abends ein kleines Familienfeſt voll ſpielender buntgefärbter Ephemeren der Freude ausge¬ ſchrieben; und zum größten Glück war ſchon
*) Bekanntlich wird dieſem Evangeliſten ein En¬ gel beigeſellet.
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feurige Kind wie ſeines (er hatte nur eins,
aber keinen Sohn); — der Ritter hatte Ver¬
trauen auf ihn, und, um dieſes zu rechtfertigen,
würd' er, da der Ehrenpunkt der Schwerpunkt
und die Himmelsaxe aller ſeiner Bewegungen
war, ſich ohne Bedenken, wenn der Knabe
z. B. den Hals gebrochen hätte, ſeinen abge¬
ſchnitten haben; — auch ſollte Albano Abends
vor dem neuen Lehrer aus der Stadt auffal¬
lend gut beſtehen.
Albine von Wehrfriz, die Gemahlin, ver¬
ſprach alles hoch und theuer; ſie konnte ſich
dem Evangeliſten Markus und Johannes gleich
ſetzen, weil ihr heftiger Mann die Geſellſchafts-
Thiere beider, die Thierkönige Löwe und Ad¬
ler, öfters repräſentirte, ſo wie ſich manche
andere Gattinn in Hinſicht ihrer Begleitung mit
dem Lucas vergleichen mag und meine mit
dem Matthäus. *) Sie hatte ohnehin auf
Abends ein kleines Familienfeſt voll ſpielender
buntgefärbter Ephemeren der Freude ausge¬
ſchrieben; und zum größten Glück war ſchon
*) Bekanntlich wird dieſem Evangeliſten ein En¬
gel beigeſellet.
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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/150>, abgerufen am 21.11.2024.
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