Österleinschen Flügel mitgebracht -- als bis er wenigstens mit Einem Worte eine kurze Marter angethan; er theilte also -- blind gegen Alba¬ no's verhülltes blutiges Büßen --, den Gästen mit, wie strenge der Minister seine Kinder er¬ ziehe, wie sie z. B. für unwillkührliches Husten und Lachen an der Tafel, gleich preußischen Kavalleristen, welche stürzen oder im Winde den Huth verlieren, Strafen bekommen und wie sie freilich so alt wären wie Albano, aber völlig so gesittet wie Erwachsene. Beim Minister hatt' er heute umgekehrt mit den Kenntnissen des Pflegesohns geprunkt; aber manche El¬ tern erbauen in jedem fremden Zimmer Rauch¬ opferaltäre für dasselbe Kind, daß sie im eig¬ nen wie Wein und Bienen schwefeln.
Der Henker hol' es überhaupt, daß sie wie Landesväter, gerade dann verdoppelte Forderun¬ gen machen, wenn die Kinder unmäßige befrie¬ digt haben, so daß diese durch opera superero¬ gationis von majorennen Lernstunden die Spiel¬ stunden mehr verwirken als erringen. Hält man es nicht großen Philosophen z. B. Male¬ branche, und großen Feldherren z. B. Scipio,
Öſterleinſchen Flügel mitgebracht — als bis er wenigſtens mit Einem Worte eine kurze Marter angethan; er theilte alſo — blind gegen Alba¬ no's verhülltes blutiges Büßen —, den Gäſten mit, wie ſtrenge der Miniſter ſeine Kinder er¬ ziehe, wie ſie z. B. für unwillkührliches Huſten und Lachen an der Tafel, gleich preußiſchen Kavalleriſten, welche ſtürzen oder im Winde den Huth verlieren, Strafen bekommen und wie ſie freilich ſo alt wären wie Albano, aber völlig ſo geſittet wie Erwachſene. Beim Miniſter hatt' er heute umgekehrt mit den Kenntniſſen des Pflegeſohns geprunkt; aber manche El¬ tern erbauen in jedem fremden Zimmer Rauch¬ opferaltäre für daſſelbe Kind, daß ſie im eig¬ nen wie Wein und Bienen ſchwefeln.
Der Henker hol' es überhaupt, daß ſie wie Landesväter, gerade dann verdoppelte Forderun¬ gen machen, wenn die Kinder unmäßige befrie¬ digt haben, ſo daß dieſe durch opera superero¬ gationis von majorennen Lernſtunden die Spiel¬ ſtunden mehr verwirken als erringen. Hält man es nicht großen Philoſophen z. B. Male¬ branche, und großen Feldherren z. B. Scipio,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0192"n="172"/>
Öſterleinſchen Flügel mitgebracht — als bis er<lb/>
wenigſtens mit Einem Worte eine kurze Marter<lb/>
angethan; er theilte alſo — blind gegen Alba¬<lb/>
no's verhülltes blutiges Büßen —, den Gäſten<lb/>
mit, wie ſtrenge der Miniſter ſeine Kinder er¬<lb/>
ziehe, wie ſie z. B. für unwillkührliches Huſten<lb/>
und Lachen an der Tafel, gleich preußiſchen<lb/>
Kavalleriſten, welche ſtürzen oder im Winde den<lb/>
Huth verlieren, Strafen bekommen und wie ſie<lb/>
freilich ſo alt wären wie Albano, aber völlig<lb/>ſo geſittet wie Erwachſene. Beim Miniſter<lb/>
hatt' er heute umgekehrt mit den Kenntniſſen<lb/>
des Pflegeſohns geprunkt; aber manche El¬<lb/>
tern erbauen in jedem fremden Zimmer Rauch¬<lb/>
opferaltäre für daſſelbe Kind, daß ſie im eig¬<lb/>
nen wie Wein und Bienen ſchwefeln.</p><lb/><p>Der Henker hol' es überhaupt, daß ſie wie<lb/>
Landesväter, gerade dann verdoppelte Forderun¬<lb/>
gen machen, wenn die Kinder unmäßige befrie¬<lb/>
digt haben, ſo daß dieſe durch <hirendition="#aq">opera superero</hi>¬<lb/><hirendition="#aq">gationis</hi> von majorennen Lernſtunden die Spiel¬<lb/>ſtunden mehr verwirken als erringen. Hält<lb/>
man es nicht großen Philoſophen z. B. Male¬<lb/>
branche, und großen Feldherren z. B. Scipio,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[172/0192]
Öſterleinſchen Flügel mitgebracht — als bis er
wenigſtens mit Einem Worte eine kurze Marter
angethan; er theilte alſo — blind gegen Alba¬
no's verhülltes blutiges Büßen —, den Gäſten
mit, wie ſtrenge der Miniſter ſeine Kinder er¬
ziehe, wie ſie z. B. für unwillkührliches Huſten
und Lachen an der Tafel, gleich preußiſchen
Kavalleriſten, welche ſtürzen oder im Winde den
Huth verlieren, Strafen bekommen und wie ſie
freilich ſo alt wären wie Albano, aber völlig
ſo geſittet wie Erwachſene. Beim Miniſter
hatt' er heute umgekehrt mit den Kenntniſſen
des Pflegeſohns geprunkt; aber manche El¬
tern erbauen in jedem fremden Zimmer Rauch¬
opferaltäre für daſſelbe Kind, daß ſie im eig¬
nen wie Wein und Bienen ſchwefeln.
Der Henker hol' es überhaupt, daß ſie wie
Landesväter, gerade dann verdoppelte Forderun¬
gen machen, wenn die Kinder unmäßige befrie¬
digt haben, ſo daß dieſe durch opera superero¬
gationis von majorennen Lernſtunden die Spiel¬
ſtunden mehr verwirken als erringen. Hält
man es nicht großen Philoſophen z. B. Male¬
branche, und großen Feldherren z. B. Scipio,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/192>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.