Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Die jugendlich warme Gestalt Cesara's wur¬
de durch den Ernst eines nur in die Zukunft
vertieften Auges und eines männlich-festge¬
schlossenen Mundes und durch die trotzige
Entschlossenheit junger frischer Kräfte noch mehr
veredelt; er schien noch ein Brennspiegel im
Mondlicht, oder ein dunkler Edelstein von zu
vieler Farbe zu seyn, den die Welt, wie andere
Juwelen, erst durch Hohlschleifen lichtet
und bessert. --

In dieser Nähe zog ihn die Insel, wie ei¬
ne Welt die andere, immer heftiger an. Seine
innere Unruhe stieg durch die äussere Ruhe.
Noch dazu stellte Dian, ein Grieche von Geburt
und ein Künstler, welcher Isola bella und Iso¬
la madre
öfters umschifft und nachgezeichnet
hatte, ihm diese Prachtkegel der Natur in feu¬
rigen Gemälden näher vor die Seele; und
Schoppe gedachte des wichtigen Menschen öf¬
ters, den der Jüngling morgen zum erstenmale
sehen sollte. Als man unten auf der Gasse ei¬
nen festschlafenden Greis vorübertrug, dem die
untergehende Sonne Feuer und Leben in das
markige starkgegliederte Angesicht warf und der

A 2

Die jugendlich warme Geſtalt Ceſara's wur¬
de durch den Ernſt eines nur in die Zukunft
vertieften Auges und eines männlich-feſtge¬
ſchloſſenen Mundes und durch die trotzige
Entſchloſſenheit junger friſcher Kräfte noch mehr
veredelt; er ſchien noch ein Brennſpiegel im
Mondlicht, oder ein dunkler Edelſtein von zu
vieler Farbe zu ſeyn, den die Welt, wie andere
Juwelen, erſt durch Hohlſchleifen lichtet
und beſſert. —

In dieſer Nähe zog ihn die Inſel, wie ei¬
ne Welt die andere, immer heftiger an. Seine
innere Unruhe ſtieg durch die äuſſere Ruhe.
Noch dazu ſtellte Dian, ein Grieche von Geburt
und ein Künſtler, welcher Isola bella und Iſo¬
la madre
öfters umſchifft und nachgezeichnet
hatte, ihm dieſe Prachtkegel der Natur in feu¬
rigen Gemälden näher vor die Seele; und
Schoppe gedachte des wichtigen Menſchen öf¬
ters, den der Jüngling morgen zum erſtenmale
ſehen ſollte. Als man unten auf der Gaſſe ei¬
nen feſtſchlafenden Greis vorübertrug, dem die
untergehende Sonne Feuer und Leben in das
markige ſtarkgegliederte Angeſicht warf und der

A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0023" n="3"/>
          <p>Die jugendlich warme Ge&#x017F;talt Ce&#x017F;ara's wur¬<lb/>
de durch den Ern&#x017F;t eines nur in die Zukunft<lb/>
vertieften Auges und eines <choice><sic>männlich- </sic><corr>männlich-</corr></choice>fe&#x017F;tge¬<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Mundes und durch die trotzige<lb/>
Ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit junger fri&#x017F;cher Kräfte noch mehr<lb/>
veredelt; er &#x017F;chien noch ein Brenn&#x017F;piegel im<lb/>
Mondlicht, oder ein dunkler Edel&#x017F;tein von zu<lb/>
vieler Farbe zu &#x017F;eyn, den die Welt, wie andere<lb/>
Juwelen, er&#x017F;t durch <hi rendition="#g">Hohl&#x017F;chleifen</hi> lichtet<lb/>
und be&#x017F;&#x017F;ert. &#x2014;</p><lb/>
          <p>In die&#x017F;er Nähe zog ihn die In&#x017F;el, wie ei¬<lb/>
ne Welt die andere, immer heftiger an. Seine<lb/>
innere Unruhe &#x017F;tieg durch die äu&#x017F;&#x017F;ere Ruhe.<lb/>
Noch dazu &#x017F;tellte Dian, ein Grieche von Geburt<lb/>
und ein Kün&#x017F;tler, welcher <hi rendition="#aq">Isola bella</hi> und <hi rendition="#aq">I&#x017F;<lb/>
la madre</hi> öfters um&#x017F;chifft und nachgezeichnet<lb/>
hatte, ihm die&#x017F;e Prachtkegel der Natur in feu¬<lb/>
rigen Gemälden näher vor die Seele; und<lb/>
Schoppe gedachte des wichtigen Men&#x017F;chen öf¬<lb/>
ters, den der Jüngling morgen zum er&#x017F;tenmale<lb/>
&#x017F;ehen &#x017F;ollte. Als man unten auf der Ga&#x017F;&#x017F;e ei¬<lb/>
nen fe&#x017F;t&#x017F;chlafenden Greis vorübertrug, dem die<lb/>
untergehende Sonne Feuer und Leben in das<lb/>
markige &#x017F;tarkgegliederte Ange&#x017F;icht warf und der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0023] Die jugendlich warme Geſtalt Ceſara's wur¬ de durch den Ernſt eines nur in die Zukunft vertieften Auges und eines männlich-feſtge¬ ſchloſſenen Mundes und durch die trotzige Entſchloſſenheit junger friſcher Kräfte noch mehr veredelt; er ſchien noch ein Brennſpiegel im Mondlicht, oder ein dunkler Edelſtein von zu vieler Farbe zu ſeyn, den die Welt, wie andere Juwelen, erſt durch Hohlſchleifen lichtet und beſſert. — In dieſer Nähe zog ihn die Inſel, wie ei¬ ne Welt die andere, immer heftiger an. Seine innere Unruhe ſtieg durch die äuſſere Ruhe. Noch dazu ſtellte Dian, ein Grieche von Geburt und ein Künſtler, welcher Isola bella und Iſo¬ la madre öfters umſchifft und nachgezeichnet hatte, ihm dieſe Prachtkegel der Natur in feu¬ rigen Gemälden näher vor die Seele; und Schoppe gedachte des wichtigen Menſchen öf¬ ters, den der Jüngling morgen zum erſtenmale ſehen ſollte. Als man unten auf der Gaſſe ei¬ nen feſtſchlafenden Greis vorübertrug, dem die untergehende Sonne Feuer und Leben in das markige ſtarkgegliederte Angeſicht warf und der A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/23
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/23>, abgerufen am 23.11.2024.