Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.Jetzt sah er im Mondscheine über die Triumph¬ Hier kam er erschrocken zu sich -- er war Jetzt ſah er im Mondſcheine über die Triumph¬ Hier kam er erſchrocken zu ſich — er war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0259" n="239"/> Jetzt ſah er im Mondſcheine über die Triumph¬<lb/> bogen zwei beleuchtete Geſtalten wie Geiſter ge¬<lb/> hen; aber ſeine brennende Seele fuhr im Ma¬<lb/> len fort und er dachte es ſich, wie er vor ihr<lb/> wenn die Nachtigallen in dieſem Eden ſchlagen,<lb/> wahnſinnig-liebend ſagen würde: „O Liane,<lb/> „ich trug dich früh in meinem Herzen — einſt¬<lb/> „mals droben auf jenem Berge, als du krank<lb/> „warſt.“ — — —</p><lb/> <p>Hier kam er erſchrocken zu ſich — er war<lb/> ja auf dem Berge — aber er hatte die Krank¬<lb/> heit vergeſſen. — Nun legt' er knieend die<lb/> Arme um den kalten Stein und betete für die,<lb/> die er ſo liebte, und die gewiß auch hier gebe¬<lb/> tet; und ihm ſank weinend und verdunkelt das<lb/> Haupt auf den Altar. Er hörte nähere Men¬<lb/> ſchenſchritte unten am Schneckenberge und<lb/> furchtſam-freudig dachte er daran, es könne<lb/> ſein Vater ſeyn; aber er blieb kühn auf den<lb/> Knieen. — Endlich trat über den Blumenrand<lb/> ein großer gebückter Greis herein, ähnlich dem<lb/> edlen Biſchofe von Spangenberg, das ruhige<lb/> Angeſicht lächelte voll ewiger Liebe und keine<lb/> Schmerzen ſtanden darauf und keine ſchien es<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [239/0259]
Jetzt ſah er im Mondſcheine über die Triumph¬
bogen zwei beleuchtete Geſtalten wie Geiſter ge¬
hen; aber ſeine brennende Seele fuhr im Ma¬
len fort und er dachte es ſich, wie er vor ihr
wenn die Nachtigallen in dieſem Eden ſchlagen,
wahnſinnig-liebend ſagen würde: „O Liane,
„ich trug dich früh in meinem Herzen — einſt¬
„mals droben auf jenem Berge, als du krank
„warſt.“ — — —
Hier kam er erſchrocken zu ſich — er war
ja auf dem Berge — aber er hatte die Krank¬
heit vergeſſen. — Nun legt' er knieend die
Arme um den kalten Stein und betete für die,
die er ſo liebte, und die gewiß auch hier gebe¬
tet; und ihm ſank weinend und verdunkelt das
Haupt auf den Altar. Er hörte nähere Men¬
ſchenſchritte unten am Schneckenberge und
furchtſam-freudig dachte er daran, es könne
ſein Vater ſeyn; aber er blieb kühn auf den
Knieen. — Endlich trat über den Blumenrand
ein großer gebückter Greis herein, ähnlich dem
edlen Biſchofe von Spangenberg, das ruhige
Angeſicht lächelte voll ewiger Liebe und keine
Schmerzen ſtanden darauf und keine ſchien es
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/259>, abgerufen am 14.06.2024. |