Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

nannte Reize, und auf die Empfindsamkeit,
helle Wangenröthe und sammet-weiche Haut
aufmerksam genug gemacht, hab' aber damit
fast mehr zu erfreuen als zu betrüben geschie¬
nen -- was ihn allein belustige, sey daß das
Mädchen vor einigen Jahren todtkrank ge¬
worden vom ersten h. Abendmahle, wovon er
sie abzuhalten versucht, weil er schon an der
vierten Pazientinn die betrübtesten Folgen die¬
ses h. Aktus kennen lernen. -- --

Zum allgemeinen Erstaunen schlug sich
mein Graf gegen alle auf Roquairols Parthei.
Ach deine ersten Frühlingsstürme zogen jetzt ge¬
fangen in deiner Brust umher ohne eine freund¬
schaftliche Hand die ihnen einen Ausweg gab,
und du wolltest deinen blutigen Gram bedecken!
-- Und suchtest du nicht einen Geist voll Flammen,
ein Auge voll Flammen für deine und hättest du
dich nicht lieber mit einem donnernden Höllengot¬
te verbrüdert als mit einem pietistischen matten
gleich einer Schabe unterhöhlenden Himmelsbür¬
ger? -- Barsch fragt er den Doktor: "wo haben
"Sie das Herz des Fürsten?" -- "Ich hab' es
"nicht," sagte Sphex betroffen, "im Tarta¬

nannte Reize, und auf die Empfindſamkeit,
helle Wangenröthe und ſammet-weiche Haut
aufmerkſam genug gemacht, hab' aber damit
faſt mehr zu erfreuen als zu betrüben geſchie¬
nen — was ihn allein beluſtige, ſey daß das
Mädchen vor einigen Jahren todtkrank ge¬
worden vom erſten h. Abendmahle, wovon er
ſie abzuhalten verſucht, weil er ſchon an der
vierten Pazientinn die betrübteſten Folgen die¬
ſes h. Aktus kennen lernen. — —

Zum allgemeinen Erſtaunen ſchlug ſich
mein Graf gegen alle auf Roquairols Parthei.
Ach deine erſten Frühlingsſtürme zogen jetzt ge¬
fangen in deiner Bruſt umher ohne eine freund¬
ſchaftliche Hand die ihnen einen Ausweg gab,
und du wollteſt deinen blutigen Gram bedecken!
— Und ſuchteſt du nicht einen Geiſt voll Flammen,
ein Auge voll Flammen für deine und hätteſt du
dich nicht lieber mit einem donnernden Höllengot¬
te verbrüdert als mit einem pietiſtiſchen matten
gleich einer Schabe unterhöhlenden Himmelsbür¬
ger? — Barſch fragt er den Doktor: „wo haben
„Sie das Herz des Fürſten?“ — „Ich hab' es
„nicht,“ ſagte Sphex betroffen, „im Tarta¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0339" n="319"/>
nannte Reize, und auf die Empfind&#x017F;amkeit,<lb/>
helle Wangenröthe und &#x017F;ammet-weiche Haut<lb/>
aufmerk&#x017F;am genug gemacht, hab' aber damit<lb/>
fa&#x017F;t mehr zu erfreuen als zu betrüben ge&#x017F;chie¬<lb/>
nen &#x2014; was ihn allein belu&#x017F;tige, &#x017F;ey daß das<lb/>
Mädchen vor einigen Jahren todtkrank ge¬<lb/>
worden vom er&#x017F;ten h. Abendmahle, wovon er<lb/>
&#x017F;ie abzuhalten ver&#x017F;ucht, weil er &#x017F;chon an der<lb/>
vierten Pazientinn die betrübte&#x017F;ten Folgen die¬<lb/>
&#x017F;es h. Aktus kennen lernen. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Zum allgemeinen Er&#x017F;taunen &#x017F;chlug &#x017F;ich<lb/>
mein Graf gegen alle auf Roquairols Parthei.<lb/>
Ach deine er&#x017F;ten Frühlings&#x017F;türme zogen jetzt ge¬<lb/>
fangen in deiner Bru&#x017F;t umher ohne eine freund¬<lb/>
&#x017F;chaftliche Hand die ihnen einen Ausweg gab,<lb/>
und du wollte&#x017F;t deinen blutigen Gram bedecken!<lb/>
&#x2014; Und &#x017F;uchte&#x017F;t du nicht einen Gei&#x017F;t voll Flammen,<lb/>
ein Auge voll Flammen für deine und hätte&#x017F;t du<lb/>
dich nicht lieber mit einem donnernden Höllengot¬<lb/>
te verbrüdert als mit einem pieti&#x017F;ti&#x017F;chen matten<lb/>
gleich einer Schabe unterhöhlenden Himmelsbür¬<lb/>
ger? &#x2014; Bar&#x017F;ch fragt er den Doktor: &#x201E;wo haben<lb/>
&#x201E;Sie das Herz des Für&#x017F;ten?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ich hab' es<lb/>
&#x201E;nicht,&#x201C; &#x017F;agte Sphex betroffen, &#x201E;im <hi rendition="#g">Tarta¬</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[319/0339] nannte Reize, und auf die Empfindſamkeit, helle Wangenröthe und ſammet-weiche Haut aufmerkſam genug gemacht, hab' aber damit faſt mehr zu erfreuen als zu betrüben geſchie¬ nen — was ihn allein beluſtige, ſey daß das Mädchen vor einigen Jahren todtkrank ge¬ worden vom erſten h. Abendmahle, wovon er ſie abzuhalten verſucht, weil er ſchon an der vierten Pazientinn die betrübteſten Folgen die¬ ſes h. Aktus kennen lernen. — — Zum allgemeinen Erſtaunen ſchlug ſich mein Graf gegen alle auf Roquairols Parthei. Ach deine erſten Frühlingsſtürme zogen jetzt ge¬ fangen in deiner Bruſt umher ohne eine freund¬ ſchaftliche Hand die ihnen einen Ausweg gab, und du wollteſt deinen blutigen Gram bedecken! — Und ſuchteſt du nicht einen Geiſt voll Flammen, ein Auge voll Flammen für deine und hätteſt du dich nicht lieber mit einem donnernden Höllengot¬ te verbrüdert als mit einem pietiſtiſchen matten gleich einer Schabe unterhöhlenden Himmelsbür¬ ger? — Barſch fragt er den Doktor: „wo haben „Sie das Herz des Fürſten?“ — „Ich hab' es „nicht,“ ſagte Sphex betroffen, „im Tarta¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/339
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/339>, abgerufen am 23.11.2024.