Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

mich wirft und mich weg von allen Geliebten
in die tiefere Höhle zieht und du mich Allgüti¬
ger noch einmal freimachst und in deinen Früh¬
ling trägst, in den noch schönern als diesen
herrlichen: wird dann mein schwaches Herz ne¬
ben deinem Richterstuhle so freudig schlagen
wie heute und wird die Menschenbrust in dei¬
nem ätherischen Frühlinge athmen dürfen? O
mache mich rein in diesem irrdischen und lasse
mich hier leben, als wenn ich schon in deinem
Himmel gienge! -- --


Wenn schon euch, ihr Freunde, die dul¬
dende reine Gestalt ungesehen lieb und rüh¬
rend wird, die sich ergeben freuen kann, daß
doch die Wetterwolke nur Platz-Tropfen, und
keine Schlossen auf sie warf: wie mußte sie
erst das bewegte Herz ihres Freundes erschüt¬
tern! -- Er fühlte eine Heiligung seines gan¬
zen Wesens; gleichsam als komme die Tugend
in diese Gestalt verkörpert vom Himmel nieder,
um ihn heiligend anzulächeln, und fliege dann
leuchtend zurück und er folg' ihr begeistert und
gehoben nach.

mich wirft und mich weg von allen Geliebten
in die tiefere Höhle zieht und du mich Allgüti¬
ger noch einmal freimachſt und in deinen Früh¬
ling trägſt, in den noch ſchönern als dieſen
herrlichen: wird dann mein ſchwaches Herz ne¬
ben deinem Richterſtuhle ſo freudig ſchlagen
wie heute und wird die Menſchenbruſt in dei¬
nem ätheriſchen Frühlinge athmen dürfen? O
mache mich rein in dieſem irrdiſchen und laſſe
mich hier leben, als wenn ich ſchon in deinem
Himmel gienge! — —


Wenn ſchon euch, ihr Freunde, die dul¬
dende reine Geſtalt ungeſehen lieb und rüh¬
rend wird, die ſich ergeben freuen kann, daß
doch die Wetterwolke nur Platz-Tropfen, und
keine Schloſſen auf ſie warf: wie mußte ſie
erſt das bewegte Herz ihres Freundes erſchüt¬
tern! — Er fühlte eine Heiligung ſeines gan¬
zen Weſens; gleichſam als komme die Tugend
in dieſe Geſtalt verkörpert vom Himmel nieder,
um ihn heiligend anzulächeln, und fliege dann
leuchtend zurück und er folg' ihr begeiſtert und
gehoben nach.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0443" n="423"/>
mich wirft und mich weg von allen Geliebten<lb/>
in die tiefere Höhle zieht und du mich Allgüti¬<lb/>
ger noch einmal freimach&#x017F;t und in deinen Früh¬<lb/>
ling träg&#x017F;t, in den noch &#x017F;chönern als die&#x017F;en<lb/>
herrlichen: wird dann mein &#x017F;chwaches Herz ne¬<lb/>
ben deinem Richter&#x017F;tuhle &#x017F;o freudig &#x017F;chlagen<lb/>
wie heute und wird die Men&#x017F;chenbru&#x017F;t in dei¬<lb/>
nem ätheri&#x017F;chen Frühlinge athmen dürfen? O<lb/>
mache mich rein in die&#x017F;em irrdi&#x017F;chen und la&#x017F;&#x017F;e<lb/>
mich hier leben, als wenn ich &#x017F;chon in deinem<lb/>
Himmel gienge! &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Wenn &#x017F;chon euch, ihr Freunde, die dul¬<lb/>
dende reine Ge&#x017F;talt unge&#x017F;ehen lieb und rüh¬<lb/>
rend wird, die &#x017F;ich ergeben freuen kann, daß<lb/>
doch die Wetterwolke nur Platz-Tropfen, und<lb/>
keine Schlo&#x017F;&#x017F;en auf &#x017F;ie warf: wie mußte &#x017F;ie<lb/>
er&#x017F;t das bewegte Herz ihres Freundes er&#x017F;chüt¬<lb/>
tern! &#x2014; Er fühlte eine Heiligung &#x017F;eines gan¬<lb/>
zen We&#x017F;ens; gleich&#x017F;am als komme die Tugend<lb/>
in die&#x017F;e Ge&#x017F;talt verkörpert vom Himmel nieder,<lb/>
um ihn heiligend anzulächeln, und fliege dann<lb/>
leuchtend zurück und er folg' ihr begei&#x017F;tert und<lb/>
gehoben nach.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[423/0443] mich wirft und mich weg von allen Geliebten in die tiefere Höhle zieht und du mich Allgüti¬ ger noch einmal freimachſt und in deinen Früh¬ ling trägſt, in den noch ſchönern als dieſen herrlichen: wird dann mein ſchwaches Herz ne¬ ben deinem Richterſtuhle ſo freudig ſchlagen wie heute und wird die Menſchenbruſt in dei¬ nem ätheriſchen Frühlinge athmen dürfen? O mache mich rein in dieſem irrdiſchen und laſſe mich hier leben, als wenn ich ſchon in deinem Himmel gienge! — — Wenn ſchon euch, ihr Freunde, die dul¬ dende reine Geſtalt ungeſehen lieb und rüh¬ rend wird, die ſich ergeben freuen kann, daß doch die Wetterwolke nur Platz-Tropfen, und keine Schloſſen auf ſie warf: wie mußte ſie erſt das bewegte Herz ihres Freundes erſchüt¬ tern! — Er fühlte eine Heiligung ſeines gan¬ zen Weſens; gleichſam als komme die Tugend in dieſe Geſtalt verkörpert vom Himmel nieder, um ihn heiligend anzulächeln, und fliege dann leuchtend zurück und er folg' ihr begeiſtert und gehoben nach.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/443
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/443>, abgerufen am 22.11.2024.