so führte auch jetzt der leere Trauerkasten, die Flöre der Pferde, die Wappen-Schabaracken derselben, des Fürsten Verachtung des schwer¬ fälligen deutschen Zeremoniels und die ganze herzlose Mummerei, alles das führte ihn auf eine Anhöhe, wohin ihn immer das Anschauen vieler Menschen auf einmal trieb und wo er mit einer schwer zu malenden Erhebung Er¬ grimmung und lachenden Kümmerniß ansah den ewigen, zwingenden, kleinlichen, von Zwek¬ ken und Freuden verirrten, betäubten schweren Wahnsinn des Menschengeschlechts; -- und seinen dazu.
Plötzlich durchbrach die schwarze Kette ein bunter glänzender Ritter, Roquairol auf dem paradirenden Freudenpferde und erschütterte unsre zwei Menschen, und keinen weiter. Ein blasses eingestürztes Angesicht, vom langen in¬ nern Feuer verglaset, von allen Jugendrosen entblößet, aus den Demantgruben der Augen unter dem schwarzen Augenbraunen-Überhange blitzend, ritt in einer tragischen Lustigkeit daher, deren Linien-Geäder sich unter den frü¬ hen Runzeln der Leidenschaft verdoppelte.
ſo führte auch jetzt der leere Trauerkaſten, die Flöre der Pferde, die Wappen-Schabaracken derſelben, des Fürſten Verachtung des ſchwer¬ fälligen deutſchen Zeremoniels und die ganze herzloſe Mummerei, alles das führte ihn auf eine Anhöhe, wohin ihn immer das Anſchauen vieler Menſchen auf einmal trieb und wo er mit einer ſchwer zu malenden Erhebung Er¬ grimmung und lachenden Kümmerniß anſah den ewigen, zwingenden, kleinlichen, von Zwek¬ ken und Freuden verirrten, betäubten ſchweren Wahnſinn des Menſchengeſchlechts; — und ſeinen dazu.
Plötzlich durchbrach die ſchwarze Kette ein bunter glänzender Ritter, Roquairol auf dem paradirenden Freudenpferde und erſchütterte unſre zwei Menſchen, und keinen weiter. Ein blaſſes eingeſtürztes Angeſicht, vom langen in¬ nern Feuer verglaſet, von allen Jugendroſen entblößet, aus den Demantgruben der Augen unter dem ſchwarzen Augenbraunen-Überhange blitzend, ritt in einer tragiſchen Luſtigkeit daher, deren Linien-Geäder ſich unter den frü¬ hen Runzeln der Leidenſchaft verdoppelte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0479"n="459"/>ſo führte auch jetzt der leere Trauerkaſten, die<lb/>
Flöre der Pferde, die Wappen-Schabaracken<lb/>
derſelben, des Fürſten Verachtung des ſchwer¬<lb/>
fälligen deutſchen Zeremoniels und die ganze<lb/>
herzloſe Mummerei, alles das führte ihn auf<lb/>
eine Anhöhe, wohin ihn immer das Anſchauen<lb/><hirendition="#g">vieler</hi> Menſchen auf einmal trieb und wo er<lb/>
mit einer ſchwer zu malenden Erhebung Er¬<lb/>
grimmung und lachenden Kümmerniß anſah<lb/>
den ewigen, zwingenden, kleinlichen, von Zwek¬<lb/>
ken und Freuden verirrten, betäubten ſchweren<lb/>
Wahnſinn des Menſchengeſchlechts; — und<lb/>ſeinen dazu.</p><lb/><p>Plötzlich durchbrach die ſchwarze Kette ein<lb/>
bunter glänzender Ritter, Roquairol auf dem<lb/>
paradirenden Freudenpferde und erſchütterte<lb/>
unſre zwei Menſchen, und keinen weiter. Ein<lb/>
blaſſes eingeſtürztes Angeſicht, vom langen in¬<lb/>
nern Feuer verglaſet, von allen Jugendroſen<lb/>
entblößet, aus den Demantgruben der Augen<lb/>
unter dem ſchwarzen Augenbraunen-Überhange<lb/>
blitzend, ritt in einer tragiſchen Luſtigkeit<lb/>
daher, deren Linien-Geäder ſich unter den frü¬<lb/>
hen Runzeln der Leidenſchaft verdoppelte.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[459/0479]
ſo führte auch jetzt der leere Trauerkaſten, die
Flöre der Pferde, die Wappen-Schabaracken
derſelben, des Fürſten Verachtung des ſchwer¬
fälligen deutſchen Zeremoniels und die ganze
herzloſe Mummerei, alles das führte ihn auf
eine Anhöhe, wohin ihn immer das Anſchauen
vieler Menſchen auf einmal trieb und wo er
mit einer ſchwer zu malenden Erhebung Er¬
grimmung und lachenden Kümmerniß anſah
den ewigen, zwingenden, kleinlichen, von Zwek¬
ken und Freuden verirrten, betäubten ſchweren
Wahnſinn des Menſchengeſchlechts; — und
ſeinen dazu.
Plötzlich durchbrach die ſchwarze Kette ein
bunter glänzender Ritter, Roquairol auf dem
paradirenden Freudenpferde und erſchütterte
unſre zwei Menſchen, und keinen weiter. Ein
blaſſes eingeſtürztes Angeſicht, vom langen in¬
nern Feuer verglaſet, von allen Jugendroſen
entblößet, aus den Demantgruben der Augen
unter dem ſchwarzen Augenbraunen-Überhange
blitzend, ritt in einer tragiſchen Luſtigkeit
daher, deren Linien-Geäder ſich unter den frü¬
hen Runzeln der Leidenſchaft verdoppelte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/479>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.