Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

nens Bild in ihm wegzurücken suche; und fühl¬
te wieder schmerzlich, daß eben diese Liane sel¬
ber an ihr nahes Vergehen glaube. --

So fand ihn eine unerwartete Einladung
von der -- Ministerin selber -- -- Sonnen¬
funken und Regentropfen spielten auch in sei¬
nem Himmel. -- Er flog; im Vorzimmer
stand der Engel, der die sechs apokalyptischen
Siegel erbrach -- Rabette. Sie war ihm ent¬
gegen gelaufen aus Scheu vor der Gesellschaft
und hatt' ihn früher umarmt als er sie. Wie
gern sah er ins bekannte redliche Angesicht!
Mit Thränen hört' er den Namen Bruder, da
er heute eine Schwester verloren! -- --

Die Ursache ihrer Erscheinung war diese:
als der Direktor das letztemal bei der Mi¬
nisterin war; hatte diese mit leichter verdeck¬
ter Hand seiner Tochter "zur Kenntniß des
"leeren Stadtlebens und zur Veränderung"
-- ihr Haus geöffnet, um künftig an seines
für ihre klopfen zu dürfen. Er sagte, "er spe¬
"dir' ihr den weiblichen Wildfang mit Freuden."
Und da ihm in Blumenbühl Rabette Nein,
dann Ja, dann Nein, dann Ja geantwortet

und

nens Bild in ihm wegzurücken ſuche; und fühl¬
te wieder ſchmerzlich, daß eben dieſe Liane ſel¬
ber an ihr nahes Vergehen glaube. —

So fand ihn eine unerwartete Einladung
von der — Miniſterin ſelber — — Sonnen¬
funken und Regentropfen ſpielten auch in ſei¬
nem Himmel. — Er flog; im Vorzimmer
ſtand der Engel, der die ſechs apokalyptiſchen
Siegel erbrach — Rabette. Sie war ihm ent¬
gegen gelaufen aus Scheu vor der Geſellſchaft
und hatt' ihn früher umarmt als er ſie. Wie
gern ſah er ins bekannte redliche Angeſicht!
Mit Thränen hört' er den Namen Bruder, da
er heute eine Schweſter verloren! — —

Die Urſache ihrer Erſcheinung war dieſe:
als der Direktor das letztemal bei der Mi¬
niſterin war; hatte dieſe mit leichter verdeck¬
ter Hand ſeiner Tochter „zur Kenntniß des
„leeren Stadtlebens und zur Veränderung“
— ihr Haus geöffnet, um künftig an ſeines
für ihre klopfen zu dürfen. Er ſagte, „er ſpe¬
„dir' ihr den weiblichen Wildfang mit Freuden.“
Und da ihm in Blumenbühl Rabette Nein,
dann Ja, dann Nein, dann Ja geantwortet

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0104" n="96"/>
nens Bild in ihm wegzurücken &#x017F;uche; und fühl¬<lb/>
te wieder &#x017F;chmerzlich, daß eben die&#x017F;e Liane &#x017F;el¬<lb/>
ber an ihr nahes Vergehen glaube. &#x2014;</p><lb/>
          <p>So fand ihn eine unerwartete Einladung<lb/>
von der &#x2014; Mini&#x017F;terin &#x017F;elber &#x2014; &#x2014; Sonnen¬<lb/>
funken und Regentropfen &#x017F;pielten auch in &#x017F;ei¬<lb/>
nem Himmel. &#x2014; Er flog; im Vorzimmer<lb/>
&#x017F;tand der Engel, der die &#x017F;echs apokalypti&#x017F;chen<lb/>
Siegel erbrach &#x2014; Rabette. Sie war ihm ent¬<lb/>
gegen gelaufen aus Scheu vor der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
und hatt' ihn früher umarmt als er &#x017F;ie. Wie<lb/>
gern &#x017F;ah er ins bekannte redliche Ange&#x017F;icht!<lb/>
Mit Thränen hört' er den Namen Bruder, da<lb/>
er heute eine Schwe&#x017F;ter verloren! &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Die Ur&#x017F;ache ihrer Er&#x017F;cheinung war die&#x017F;e:<lb/>
als der Direktor das letztemal bei der Mi¬<lb/>
ni&#x017F;terin war; hatte die&#x017F;e mit leichter verdeck¬<lb/>
ter Hand &#x017F;einer Tochter &#x201E;zur Kenntniß des<lb/>
&#x201E;leeren Stadtlebens und zur Veränderung&#x201C;<lb/>
&#x2014; ihr Haus geöffnet, um künftig an &#x017F;eines<lb/>
für ihre klopfen zu dürfen. Er &#x017F;agte, &#x201E;er &#x017F;pe¬<lb/>
&#x201E;dir' ihr den weiblichen Wildfang mit Freuden.&#x201C;<lb/>
Und da ihm in Blumenbühl Rabette Nein,<lb/>
dann Ja, dann Nein, dann Ja geantwortet<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0104] nens Bild in ihm wegzurücken ſuche; und fühl¬ te wieder ſchmerzlich, daß eben dieſe Liane ſel¬ ber an ihr nahes Vergehen glaube. — So fand ihn eine unerwartete Einladung von der — Miniſterin ſelber — — Sonnen¬ funken und Regentropfen ſpielten auch in ſei¬ nem Himmel. — Er flog; im Vorzimmer ſtand der Engel, der die ſechs apokalyptiſchen Siegel erbrach — Rabette. Sie war ihm ent¬ gegen gelaufen aus Scheu vor der Geſellſchaft und hatt' ihn früher umarmt als er ſie. Wie gern ſah er ins bekannte redliche Angeſicht! Mit Thränen hört' er den Namen Bruder, da er heute eine Schweſter verloren! — — Die Urſache ihrer Erſcheinung war dieſe: als der Direktor das letztemal bei der Mi¬ niſterin war; hatte dieſe mit leichter verdeck¬ ter Hand ſeiner Tochter „zur Kenntniß des „leeren Stadtlebens und zur Veränderung“ — ihr Haus geöffnet, um künftig an ſeines für ihre klopfen zu dürfen. Er ſagte, „er ſpe¬ „dir' ihr den weiblichen Wildfang mit Freuden.“ Und da ihm in Blumenbühl Rabette Nein, dann Ja, dann Nein, dann Ja geantwortet und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/104
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/104>, abgerufen am 21.11.2024.