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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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auch die Kraft, den Arm zu umschlingen und
zu zerbrechen.

Er lies nun vor ihr alle blendenden Kräfte
seines vielgestaltigen Wesens spielen -- das
Gefühl seiner Überlegenheit ließ ihn sich frei
und schön bewegen und das sorglose Herz schien
nach allen Seiten offen -- er kettete den Ernst
an den Scherz, die Gluth an den Glanz, das
Größte ans Kleinste so frei und die Kraft an
die Milde. -- Unglückliche! nun bist du sein;
und er trägt dich von deinem festen Boden mit
Raubschwingen in die Lüfte und dann wirft er
dich herab. Wie ein Gewächs am Gewitterab¬
leiter wirst du deine Kräfte reich an ihm ent¬
falten und hinaufgrünen; aber er wird den
Blitz auf sich und deine Blüthen ziehen und
dich entblättern und zerschlagen.

Rabette hatte einen solchen Menschen nie
gedacht, geschweige gesehen; er drang gewalt¬
sam in ihr gesundes Herz und eine neue Welt
folgte ihm nach. Durch Lianens Liebe gegen
den Hauptmann gieng ihre noch höher auf;
und beide konnten von ihren Brüdern in freund¬
lichem Wechsel sprechen. Die gute Liane suchte

auch die Kraft, den Arm zu umſchlingen und
zu zerbrechen.

Er lies nun vor ihr alle blendenden Kräfte
ſeines vielgeſtaltigen Weſens ſpielen — das
Gefühl ſeiner Überlegenheit ließ ihn ſich frei
und ſchön bewegen und das ſorgloſe Herz ſchien
nach allen Seiten offen — er kettete den Ernſt
an den Scherz, die Gluth an den Glanz, das
Größte ans Kleinſte ſo frei und die Kraft an
die Milde. — Unglückliche! nun biſt du ſein;
und er trägt dich von deinem feſten Boden mit
Raubſchwingen in die Lüfte und dann wirft er
dich herab. Wie ein Gewächs am Gewitterab¬
leiter wirſt du deine Kräfte reich an ihm ent¬
falten und hinaufgrünen; aber er wird den
Blitz auf ſich und deine Blüthen ziehen und
dich entblättern und zerſchlagen.

Rabette hatte einen ſolchen Menſchen nie
gedacht, geſchweige geſehen; er drang gewalt¬
ſam in ihr geſundes Herz und eine neue Welt
folgte ihm nach. Durch Lianens Liebe gegen
den Hauptmann gieng ihre noch höher auf;
und beide konnten von ihren Brüdern in freund¬
lichem Wechſel ſprechen. Die gute Liane ſuchte

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[123/0131] auch die Kraft, den Arm zu umſchlingen und zu zerbrechen. Er lies nun vor ihr alle blendenden Kräfte ſeines vielgeſtaltigen Weſens ſpielen — das Gefühl ſeiner Überlegenheit ließ ihn ſich frei und ſchön bewegen und das ſorgloſe Herz ſchien nach allen Seiten offen — er kettete den Ernſt an den Scherz, die Gluth an den Glanz, das Größte ans Kleinſte ſo frei und die Kraft an die Milde. — Unglückliche! nun biſt du ſein; und er trägt dich von deinem feſten Boden mit Raubſchwingen in die Lüfte und dann wirft er dich herab. Wie ein Gewächs am Gewitterab¬ leiter wirſt du deine Kräfte reich an ihm ent¬ falten und hinaufgrünen; aber er wird den Blitz auf ſich und deine Blüthen ziehen und dich entblättern und zerſchlagen. Rabette hatte einen ſolchen Menſchen nie gedacht, geſchweige geſehen; er drang gewalt¬ ſam in ihr geſundes Herz und eine neue Welt folgte ihm nach. Durch Lianens Liebe gegen den Hauptmann gieng ihre noch höher auf; und beide konnten von ihren Brüdern in freund¬ lichem Wechſel ſprechen. Die gute Liane ſuchte

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/131>, abgerufen am 24.11.2024.