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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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bekannte Stimme Linda de Romeiro seinem
Freunde zugesprochen, bekannt geworden.
Durch wen? -- Sie schwieg unerbittlich; er
beruhigte sich, weil es doch nur Augusti seyn
konnte, der allein es wußte. "Und nun glaubst
"du, du Herz von Himmel, (sagt' er,) ich und
"mein Seelenbruder könnten uns je raubend
"entzweien? O es ist all' anders, all' anders!
"-- Er verflucht die Aster-Geister und den
"Zweck der Äfferei -- o er liebt mich; und
"mein Herz wird am Tage glücklich seyn, wo
"es seines wird." Der vielfache rührende Sinn
dieser letzten Worte löste ihn in eine heilige
Wehmuth auf.

Aber sie nahm sich mitten in der herzlich¬
sten Ergießung, wie aus Frömmigkeit der Gei¬
ster an und sagte: "sprich nicht so von Geister-
"Erscheinungen! Sie sind, das weiß ich. --
"Nur nicht zu fürchten braucht man sie. --"
Sie hielt aber hier mit fester Hand den Schlei¬
er über ihren Erfahrungen fest; auch wußt' er
längst, daß sie, ungeachtet ihres fast zuckend-
weichen Gefühls, das sogar den Anblick der
blauen Adern auf der Lilien-Hand wie eine

bekannte Stimme Linda de Romeiro ſeinem
Freunde zugeſprochen, bekannt geworden.
Durch wen? — Sie ſchwieg unerbittlich; er
beruhigte ſich, weil es doch nur Auguſti ſeyn
konnte, der allein es wußte. „Und nun glaubſt
„du, du Herz von Himmel, (ſagt' er,) ich und
„mein Seelenbruder könnten uns je raubend
„entzweien? O es iſt all' anders, all' anders!
„— Er verflucht die Aſter-Geiſter und den
„Zweck der Äfferei — o er liebt mich; und
„mein Herz wird am Tage glücklich ſeyn, wo
„es ſeines wird.“ Der vielfache rührende Sinn
dieſer letzten Worte löſte ihn in eine heilige
Wehmuth auf.

Aber ſie nahm ſich mitten in der herzlich¬
ſten Ergießung, wie aus Frömmigkeit der Gei¬
ſter an und ſagte: „ſprich nicht ſo von Geiſter-
„Erſcheinungen! Sie ſind, das weiß ich. —
„Nur nicht zu fürchten braucht man ſie. —“
Sie hielt aber hier mit feſter Hand den Schlei¬
er über ihren Erfahrungen feſt; auch wußt' er
längſt, daß ſie, ungeachtet ihres faſt zuckend-
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[126/0134] bekannte Stimme Linda de Romeiro ſeinem Freunde zugeſprochen, bekannt geworden. Durch wen? — Sie ſchwieg unerbittlich; er beruhigte ſich, weil es doch nur Auguſti ſeyn konnte, der allein es wußte. „Und nun glaubſt „du, du Herz von Himmel, (ſagt' er,) ich und „mein Seelenbruder könnten uns je raubend „entzweien? O es iſt all' anders, all' anders! „— Er verflucht die Aſter-Geiſter und den „Zweck der Äfferei — o er liebt mich; und „mein Herz wird am Tage glücklich ſeyn, wo „es ſeines wird.“ Der vielfache rührende Sinn dieſer letzten Worte löſte ihn in eine heilige Wehmuth auf. Aber ſie nahm ſich mitten in der herzlich¬ ſten Ergießung, wie aus Frömmigkeit der Gei¬ ſter an und ſagte: „ſprich nicht ſo von Geiſter- „Erſcheinungen! Sie ſind, das weiß ich. — „Nur nicht zu fürchten braucht man ſie. —“ Sie hielt aber hier mit feſter Hand den Schlei¬ er über ihren Erfahrungen feſt; auch wußt' er längſt, daß ſie, ungeachtet ihres faſt zuckend- weichen Gefühls, das ſogar den Anblick der blauen Adern auf der Lilien-Hand wie eine

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/134>, abgerufen am 21.11.2024.