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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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mer -- die Jalousiefenster streueten gebrochne
Lichter, grüne zitternde Schatten aus und es
dämmerte heilig wie in Hainen um Tempel --
nur tönende Bienchen flogen aus der lauten
fernen Welt durch die schweigende Klause wie¬
der ins Getöse -- einige scharfe Sonnenstreife,
gleichsam Blitze vor Schlafenden wurden ro¬
mantisch neben der Rose hin und her geweht
-- und in dieser träumerischen Grotte mitten im
rauschenden Walde der Welt wurde die Ein¬
samkeit nicht einmal durch das Schattenwesen
eines Spiegels gestört. --

In diesen Zauber ließ sie die Töne wie Nach¬
tigallen aus ihren Händen fliegen -- die Tö¬
ne wurden Albano wie von einem Sturme bald
heller bald matter zugetrieben -- er stand vor
ihr mit gefalteten Händen wie betend und ruh¬
te mit tausend Blicken der Liebe auf der nie¬
derschauenden Gestalt. -- Einmal hob sie das
heilige Auge voll Antheil langsam zu ihm auf,
aber sie schlug es schnell vor dem Sonnenblick
des seinigen nieder.

Nun deckten die großen Augenlieder unbe¬

mer — die Jalouſiefenſter ſtreueten gebrochne
Lichter, grüne zitternde Schatten aus und es
dämmerte heilig wie in Hainen um Tempel —
nur tönende Bienchen flogen aus der lauten
fernen Welt durch die ſchweigende Klauſe wie¬
der ins Getöſe — einige ſcharfe Sonnenſtreife,
gleichſam Blitze vor Schlafenden wurden ro¬
mantiſch neben der Roſe hin und her geweht
— und in dieſer träumeriſchen Grotte mitten im
rauſchenden Walde der Welt wurde die Ein¬
ſamkeit nicht einmal durch das Schattenweſen
eines Spiegels geſtört. —

In dieſen Zauber ließ ſie die Töne wie Nach¬
tigallen aus ihren Händen fliegen — die Tö¬
ne wurden Albano wie von einem Sturme bald
heller bald matter zugetrieben — er ſtand vor
ihr mit gefalteten Händen wie betend und ruh¬
te mit tauſend Blicken der Liebe auf der nie¬
derſchauenden Geſtalt. — Einmal hob ſie das
heilige Auge voll Antheil langſam zu ihm auf,
aber ſie ſchlug es ſchnell vor dem Sonnenblick
des ſeinigen nieder.

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[146/0154] mer — die Jalouſiefenſter ſtreueten gebrochne Lichter, grüne zitternde Schatten aus und es dämmerte heilig wie in Hainen um Tempel — nur tönende Bienchen flogen aus der lauten fernen Welt durch die ſchweigende Klauſe wie¬ der ins Getöſe — einige ſcharfe Sonnenſtreife, gleichſam Blitze vor Schlafenden wurden ro¬ mantiſch neben der Roſe hin und her geweht — und in dieſer träumeriſchen Grotte mitten im rauſchenden Walde der Welt wurde die Ein¬ ſamkeit nicht einmal durch das Schattenweſen eines Spiegels geſtört. — In dieſen Zauber ließ ſie die Töne wie Nach¬ tigallen aus ihren Händen fliegen — die Tö¬ ne wurden Albano wie von einem Sturme bald heller bald matter zugetrieben — er ſtand vor ihr mit gefalteten Händen wie betend und ruh¬ te mit tauſend Blicken der Liebe auf der nie¬ derſchauenden Geſtalt. — Einmal hob ſie das heilige Auge voll Antheil langſam zu ihm auf, aber ſie ſchlug es ſchnell vor dem Sonnenblick des ſeinigen nieder. Nun deckten die großen Augenlieder unbe¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/154>, abgerufen am 22.11.2024.