Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.eine Phantasie, die ihr Leben zu einem Naphtha¬ Armer Karl! -- Du thatest noch mehr! eine Phantaſie, die ihr Leben zu einem Naphtha¬ Armer Karl! — Du thateſt noch mehr! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0017" n="9"/> eine Phantaſie, die ihr Leben zu einem Naphtha¬<lb/> boden macht, aus welchem jeder Fußtritt Feuer<lb/> zieht: ſo wird die Flamme, worein die Wiſſen¬<lb/> ſchaften geworfen werden, und die Verzehrung<lb/> noch größer. Für dieſe Abgebrannten des Le¬<lb/> bens giebt es dann keine neue Freude und keine<lb/> neue Wahrheit mehr und ſie haben keine alte<lb/> ganz und friſch; eine vertrocknete Zukunft voll<lb/> Hochmuth, Lebensekel, Unglauben und Wider¬<lb/> ſpruch liegt um ſie her. Nur noch der Flügel<lb/> der Phantaſie zuckt an ihrer Leiche.</p><lb/> <p>Armer Karl! — Du thateſt noch mehr!<lb/> Nicht blos die Wahrheiten, auch die Empfin¬<lb/> dungen antizipierte er. Alle herrliche Zuſtände<lb/> der Menſchheit, alle Bewegungen, in welche<lb/> die Liebe und die Freundſchaft und die Natur<lb/> das Herz erheben, alle dieſe durchgieng er<lb/> früher in Gedichten als im Leben, früher<lb/> als Schauſpieler und Theaterdichter denn als<lb/> Menſch, früher in der Sonnenſeite der Phan¬<lb/> taſie als in der Wetterſeite der Wirklichkeit;<lb/> daher als ſie endlich lebendig in ſeiner Bruſt<lb/> erſchienen, konnt' er beſonnen ſie ergreifen,<lb/> regieren, ertödten und gut ausſtopfen für<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0017]
eine Phantaſie, die ihr Leben zu einem Naphtha¬
boden macht, aus welchem jeder Fußtritt Feuer
zieht: ſo wird die Flamme, worein die Wiſſen¬
ſchaften geworfen werden, und die Verzehrung
noch größer. Für dieſe Abgebrannten des Le¬
bens giebt es dann keine neue Freude und keine
neue Wahrheit mehr und ſie haben keine alte
ganz und friſch; eine vertrocknete Zukunft voll
Hochmuth, Lebensekel, Unglauben und Wider¬
ſpruch liegt um ſie her. Nur noch der Flügel
der Phantaſie zuckt an ihrer Leiche.
Armer Karl! — Du thateſt noch mehr!
Nicht blos die Wahrheiten, auch die Empfin¬
dungen antizipierte er. Alle herrliche Zuſtände
der Menſchheit, alle Bewegungen, in welche
die Liebe und die Freundſchaft und die Natur
das Herz erheben, alle dieſe durchgieng er
früher in Gedichten als im Leben, früher
als Schauſpieler und Theaterdichter denn als
Menſch, früher in der Sonnenſeite der Phan¬
taſie als in der Wetterſeite der Wirklichkeit;
daher als ſie endlich lebendig in ſeiner Bruſt
erſchienen, konnt' er beſonnen ſie ergreifen,
regieren, ertödten und gut ausſtopfen für
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