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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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nes, der nicht wie ein Mädgen spielend zu er¬
zürnen und wieder zu gewinnen war.

Und doch kam der wichtige Tag für beide,
wo ers that. Wie hätt' er je der Phantasie
widerstanden, da er nur durch Phantasie wi¬
derstand? -- Ich thu' ihm halb Unrecht; hö¬
ret den bessern Engel, der seinen Mund auf¬
schloß.

Roquairol ist ein Kind und Opfer des Jahr¬
hunderts. Wie die vornehmen Jünglinge un¬
serer Zeit so früh und so reich mit den Rosen
der Freude überlaubt werden, daß sie wie die
Gewürz-Insulaner den Geruch verlieren und
nun die Rosen zum Sybariten-Polster unter¬
betten, Rosensyrup trinken und in Rosenöl sich
baden bis ihnen davon nichts zum Reiz mehr
dasteht als die Dornen: so werden die mei¬
sten -- und oft dieselben -- von ihren philan¬
thropischen Lehrern anfangs mit den Früchten
der Erkenntniß vollgefüttert, daß sie bald nur
die honigdicken Extrakte begehren, dann den
Apfel-Wein und Birnmost davon, bis sie sich
endlich mit den gebrannten Wassern daraus
zersetzen. Haben sie noch dazu wie Roquairol

nes, der nicht wie ein Mädgen ſpielend zu er¬
zürnen und wieder zu gewinnen war.

Und doch kam der wichtige Tag für beide,
wo ers that. Wie hätt' er je der Phantaſie
widerſtanden, da er nur durch Phantaſie wi¬
derſtand? — Ich thu' ihm halb Unrecht; hö¬
ret den beſſern Engel, der ſeinen Mund auf¬
ſchloß.

Roquairol iſt ein Kind und Opfer des Jahr¬
hunderts. Wie die vornehmen Jünglinge un¬
ſerer Zeit ſo früh und ſo reich mit den Roſen
der Freude überlaubt werden, daß ſie wie die
Gewürz-Inſulaner den Geruch verlieren und
nun die Roſen zum Sybariten-Polſter unter¬
betten, Roſenſyrup trinken und in Roſenöl ſich
baden bis ihnen davon nichts zum Reiz mehr
daſteht als die Dornen: ſo werden die mei¬
ſten — und oft dieſelben — von ihren philan¬
thropiſchen Lehrern anfangs mit den Früchten
der Erkenntniß vollgefüttert, daß ſie bald nur
die honigdicken Extrakte begehren, dann den
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zerſetzen. Haben ſie noch dazu wie Roquairol

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[8/0016] nes, der nicht wie ein Mädgen ſpielend zu er¬ zürnen und wieder zu gewinnen war. Und doch kam der wichtige Tag für beide, wo ers that. Wie hätt' er je der Phantaſie widerſtanden, da er nur durch Phantaſie wi¬ derſtand? — Ich thu' ihm halb Unrecht; hö¬ ret den beſſern Engel, der ſeinen Mund auf¬ ſchloß. Roquairol iſt ein Kind und Opfer des Jahr¬ hunderts. Wie die vornehmen Jünglinge un¬ ſerer Zeit ſo früh und ſo reich mit den Roſen der Freude überlaubt werden, daß ſie wie die Gewürz-Inſulaner den Geruch verlieren und nun die Roſen zum Sybariten-Polſter unter¬ betten, Roſenſyrup trinken und in Roſenöl ſich baden bis ihnen davon nichts zum Reiz mehr daſteht als die Dornen: ſo werden die mei¬ ſten — und oft dieſelben — von ihren philan¬ thropiſchen Lehrern anfangs mit den Früchten der Erkenntniß vollgefüttert, daß ſie bald nur die honigdicken Extrakte begehren, dann den Apfel-Wein und Birnmoſt davon, bis ſie ſich endlich mit den gebrannten Waſſern daraus zerſetzen. Haben ſie noch dazu wie Roquairol

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/16>, abgerufen am 23.11.2024.