Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801."besehen und jeden Leidens-Kelch herunterwer¬ „beſehen und jeden Leidens-Kelch herunterwer¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0194" n="186"/> „beſehen und jeden Leidens-Kelch herunterwer¬<lb/> „fen in die Thäler hinein?“ — Welche magi¬<lb/> ſche Nachbarſchaft durchzogen ſie nun auf dem<lb/> gebognen Gebirge zum Donnerhäuschen! Zur<lb/> Rechten gleichſam den Occident der Natur, zur<lb/> Linken ihren Orient — vor ihnen das pran¬<lb/> gende Lilar in der Abendfeerei — der glänzen¬<lb/> den Roſana in den Armen liegend — Ähren¬<lb/> gold hinter Pappelſilber — und darüber den<lb/> Himmel, gefüllt mit lebenstrunknen lärmenden<lb/> Weſen — und der Sonnengott ſchreitet über<lb/> ſeinen Abend weg und bückt ſich ein wenig<lb/> unter der Mitternacht, um in Oſten das goldne<lb/> Haupt zu erheben. Albano gieng an Lianens<lb/> heiliger Hand voraus. „O wie iſt alles ſo ſchön!<lb/> „(ſagt' er.) Wie rauſchet die aufgeblätterte Welt¬<lb/> „karte mit langen Flüſſen und Wäldern — wie<lb/> „ſonnen ſich die Morgenberge in feſter Ruhe —<lb/> „wie ſteigen die Haine mit glühenden Stämmen<lb/> „die Hügel hinauf — man möchte ſich in die<lb/> „rauchenden Thäler ſtürzen und in die kalten<lb/> „glänzenden Wellen — ach Liane, wie iſt alles<lb/> „ſo ſchön!“ „Und Gott iſt auf der Welt“ ſagte<lb/> ſie — „und in dir!“ ſagte er und dachte an<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [186/0194]
„beſehen und jeden Leidens-Kelch herunterwer¬
„fen in die Thäler hinein?“ — Welche magi¬
ſche Nachbarſchaft durchzogen ſie nun auf dem
gebognen Gebirge zum Donnerhäuschen! Zur
Rechten gleichſam den Occident der Natur, zur
Linken ihren Orient — vor ihnen das pran¬
gende Lilar in der Abendfeerei — der glänzen¬
den Roſana in den Armen liegend — Ähren¬
gold hinter Pappelſilber — und darüber den
Himmel, gefüllt mit lebenstrunknen lärmenden
Weſen — und der Sonnengott ſchreitet über
ſeinen Abend weg und bückt ſich ein wenig
unter der Mitternacht, um in Oſten das goldne
Haupt zu erheben. Albano gieng an Lianens
heiliger Hand voraus. „O wie iſt alles ſo ſchön!
„(ſagt' er.) Wie rauſchet die aufgeblätterte Welt¬
„karte mit langen Flüſſen und Wäldern — wie
„ſonnen ſich die Morgenberge in feſter Ruhe —
„wie ſteigen die Haine mit glühenden Stämmen
„die Hügel hinauf — man möchte ſich in die
„rauchenden Thäler ſtürzen und in die kalten
„glänzenden Wellen — ach Liane, wie iſt alles
„ſo ſchön!“ „Und Gott iſt auf der Welt“ ſagte
ſie — „und in dir!“ ſagte er und dachte an
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