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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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Liane das überfüllte Herz an das schwesterliche
drückte: so wurde die Aufrichtigkeit und Freude
in ihm zu stark und er fiel ohn' ein Wort dem
lieben Bruder der ewigen Braut ans Herz
und lies ihn stumm alles errathen aus den
Thränen der Seeligkeit. O er hätt' es doch
errathen aus dem bräutlichen Blick der Liebe,
den seine Schwester von seinem Freunde selte¬
ner wegzog, und aus der Innigkeit, womit sie
Rabetten -- gleichsam als würden beide bald
einander verwandt, als würde selber der Bru¬
der bald schöner sprechen, da er sie lange nicht
mehr die kleine Linda hieß -- an ihrem Her¬
zen einweihte für das brüderliche. Bei dem
frommen Vater versteckte sich der entzückte Blick
wenig, den Albano gleichsam unter dem Thore
der Ewigkeit stehend in die Himmel warf, die
wie Welten hintereinander schimmerten; er
war still, sanft und in seinem Herzen wohnten
alle Herzen. O liebe Eines rein und warm,
so liebst du alle nach und das Herz in seinem
Himmel sieht wie die wandelnde Sonne vom
Thau bis zum Meere nichts als Spiegel, die
es wärmt und füllt.

Liane das überfüllte Herz an das ſchweſterliche
drückte: ſo wurde die Aufrichtigkeit und Freude
in ihm zu ſtark und er fiel ohn' ein Wort dem
lieben Bruder der ewigen Braut ans Herz
und lies ihn ſtumm alles errathen aus den
Thränen der Seeligkeit. O er hätt' es doch
errathen aus dem bräutlichen Blick der Liebe,
den ſeine Schweſter von ſeinem Freunde ſelte¬
ner wegzog, und aus der Innigkeit, womit ſie
Rabetten — gleichſam als würden beide bald
einander verwandt, als würde ſelber der Bru¬
der bald ſchöner ſprechen, da er ſie lange nicht
mehr die kleine Linda hieß — an ihrem Her¬
zen einweihte für das brüderliche. Bei dem
frommen Vater verſteckte ſich der entzückte Blick
wenig, den Albano gleichſam unter dem Thore
der Ewigkeit ſtehend in die Himmel warf, die
wie Welten hintereinander ſchimmerten; er
war ſtill, ſanft und in ſeinem Herzen wohnten
alle Herzen. O liebe Eines rein und warm,
ſo liebſt du alle nach und das Herz in ſeinem
Himmel ſieht wie die wandelnde Sonne vom
Thau bis zum Meere nichts als Spiegel, die
es wärmt und füllt.

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[195/0203] Liane das überfüllte Herz an das ſchweſterliche drückte: ſo wurde die Aufrichtigkeit und Freude in ihm zu ſtark und er fiel ohn' ein Wort dem lieben Bruder der ewigen Braut ans Herz und lies ihn ſtumm alles errathen aus den Thränen der Seeligkeit. O er hätt' es doch errathen aus dem bräutlichen Blick der Liebe, den ſeine Schweſter von ſeinem Freunde ſelte¬ ner wegzog, und aus der Innigkeit, womit ſie Rabetten — gleichſam als würden beide bald einander verwandt, als würde ſelber der Bru¬ der bald ſchöner ſprechen, da er ſie lange nicht mehr die kleine Linda hieß — an ihrem Her¬ zen einweihte für das brüderliche. Bei dem frommen Vater verſteckte ſich der entzückte Blick wenig, den Albano gleichſam unter dem Thore der Ewigkeit ſtehend in die Himmel warf, die wie Welten hintereinander ſchimmerten; er war ſtill, ſanft und in ſeinem Herzen wohnten alle Herzen. O liebe Eines rein und warm, ſo liebſt du alle nach und das Herz in ſeinem Himmel ſieht wie die wandelnde Sonne vom Thau bis zum Meere nichts als Spiegel, die es wärmt und füllt.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/203>, abgerufen am 27.11.2024.