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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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schen -- und darunter gehörte dieser -- gefriert
die spielende Hand, so daß man nur in einem
Paar Blechhandschuhen hin und her arbeitet;
und zweitens, vor einer Menge spielt sich's leich¬
ter als vor Einem, weil dieser bestimmt vor
der Seele haftet, jene aber zerflossen. Und
noch dazu, beglückter Albano! Du weißt, wer
dich hört. -- Die Morgenluft der Hofnung um¬
flattert dich in Tönen -- das wilde Jugend¬
leben schreitet mit rüstigen Gliedern und lauten
Schritten vor Dir auf und ab -- das Mond¬
licht, von keinem irrdischen groben Lichte verun¬
reinigt, heiligt das tönende Zimmer. -- Lia¬
nens letzte Gesänge liegen vor dir aufgeschla¬
gen und der anrückende Mondschein kann dich
sie bald lesen lassen -- und die Nachtigal in der
Mutter nahem Zimmer kämpfet, wie von der
Tuba ins Feld gerufen, mit deinen Tönen. -- --

Liane trat mit ihrer Mutter erst spät her¬
ein, weil das heftige Ton-Getümmel für beide
etwas Hartes und Peinigendes hatte. Er
konnte beide seitwärts am untern Fenster sitzen
sehen und wie Liane die Hand der Mutter hielt.
Karl gieng in weiten Schritten nach seiner

ſchen — und darunter gehörte dieſer — gefriert
die ſpielende Hand, ſo daß man nur in einem
Paar Blechhandſchuhen hin und her arbeitet;
und zweitens, vor einer Menge ſpielt ſich's leich¬
ter als vor Einem, weil dieſer beſtimmt vor
der Seele haftet, jene aber zerfloſſen. Und
noch dazu, beglückter Albano! Du weißt, wer
dich hört. — Die Morgenluft der Hofnung um¬
flattert dich in Tönen — das wilde Jugend¬
leben ſchreitet mit rüſtigen Gliedern und lauten
Schritten vor Dir auf und ab — das Mond¬
licht, von keinem irrdiſchen groben Lichte verun¬
reinigt, heiligt das tönende Zimmer. — Lia¬
nens letzte Geſänge liegen vor dir aufgeſchla¬
gen und der anrückende Mondſchein kann dich
ſie bald leſen laſſen — und die Nachtigal in der
Mutter nahem Zimmer kämpfet, wie von der
Tuba ins Feld gerufen, mit deinen Tönen. — —

Liane trat mit ihrer Mutter erſt ſpät her¬
ein, weil das heftige Ton-Getümmel für beide
etwas Hartes und Peinigendes hatte. Er
konnte beide ſeitwärts am untern Fenſter ſitzen
ſehen und wie Liane die Hand der Mutter hielt.
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[62/0070] ſchen — und darunter gehörte dieſer — gefriert die ſpielende Hand, ſo daß man nur in einem Paar Blechhandſchuhen hin und her arbeitet; und zweitens, vor einer Menge ſpielt ſich's leich¬ ter als vor Einem, weil dieſer beſtimmt vor der Seele haftet, jene aber zerfloſſen. Und noch dazu, beglückter Albano! Du weißt, wer dich hört. — Die Morgenluft der Hofnung um¬ flattert dich in Tönen — das wilde Jugend¬ leben ſchreitet mit rüſtigen Gliedern und lauten Schritten vor Dir auf und ab — das Mond¬ licht, von keinem irrdiſchen groben Lichte verun¬ reinigt, heiligt das tönende Zimmer. — Lia¬ nens letzte Geſänge liegen vor dir aufgeſchla¬ gen und der anrückende Mondſchein kann dich ſie bald leſen laſſen — und die Nachtigal in der Mutter nahem Zimmer kämpfet, wie von der Tuba ins Feld gerufen, mit deinen Tönen. — — Liane trat mit ihrer Mutter erſt ſpät her¬ ein, weil das heftige Ton-Getümmel für beide etwas Hartes und Peinigendes hatte. Er konnte beide ſeitwärts am untern Fenſter ſitzen ſehen und wie Liane die Hand der Mutter hielt. Karl gieng in weiten Schritten nach ſeiner

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/70>, abgerufen am 21.11.2024.