Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Ministerin, gegen seine wechselnden
Plane nie im Entwerfen sondern erst im Aus¬
führen kriegend, vertrug sich mit seinem neue¬
sten leicht, weil er wenigstens mit dem alten
der Bouverotischen Verlobung eher in keiner
helfenden Gemeinschaft zu stehen schien. --

Eines Abends landete leider der fatale,
ängstliche Lektor -- der das kleinste Visiten¬
blatt an eine Fuldaische Geschichtskarte an¬
klebte -- vor ihr mit seinem Postschiff an, und
stieg mit den Staats- und Reichsanzeigen von
ihren beiden Kindern unter beiden Armen --
unter jedem hatt' er eines -- ans Land; und
doch warum fahr' ich über den Mann her?
Konnte ein Doppelroman, zumal im Freien
gespielt, verborgner bleiben als sonst ein ein¬
facher? --

Ihr Erstaunen kann nur mit dem größe¬
ren ihres Gemahls verglichen werden, der zu¬
fällig im dritten Zimmer sein blechernes Ohr --
von Schropp aus Magdeburg --, um auf die
Bedienten zu horchen, eingeschraubt hatte, und
der jetzt Manches vernahm. Doch hatte das
Doppel-Ohr von Augusti's leisen Hoflippen

Die Miniſterin, gegen ſeine wechſelnden
Plane nie im Entwerfen ſondern erſt im Aus¬
führen kriegend, vertrug ſich mit ſeinem neue¬
ſten leicht, weil er wenigſtens mit dem alten
der Bouverotiſchen Verlobung eher in keiner
helfenden Gemeinſchaft zu ſtehen ſchien. —

Eines Abends landete leider der fatale,
ängſtliche Lektor — der das kleinſte Viſiten¬
blatt an eine Fuldaiſche Geſchichtskarte an¬
klebte — vor ihr mit ſeinem Poſtſchiff an, und
ſtieg mit den Staats- und Reichsanzeigen von
ihren beiden Kindern unter beiden Armen —
unter jedem hatt' er eines — ans Land; und
doch warum fahr' ich über den Mann her?
Konnte ein Doppelroman, zumal im Freien
geſpielt, verborgner bleiben als ſonſt ein ein¬
facher? —

Ihr Erſtaunen kann nur mit dem größe¬
ren ihres Gemahls verglichen werden, der zu¬
fällig im dritten Zimmer ſein blechernes Ohr —
von Schropp aus Magdeburg —, um auf die
Bedienten zu horchen, eingeſchraubt hatte, und
der jetzt Manches vernahm. Doch hatte das
Doppel-Ohr von Auguſti's leiſen Hoflippen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0112" n="100"/>
          <p>Die Mini&#x017F;terin, gegen &#x017F;eine wech&#x017F;elnden<lb/>
Plane nie im Entwerfen &#x017F;ondern er&#x017F;t im Aus¬<lb/>
führen kriegend, vertrug &#x017F;ich mit &#x017F;einem neue¬<lb/>
&#x017F;ten leicht, weil er wenig&#x017F;tens mit dem alten<lb/>
der Bouveroti&#x017F;chen Verlobung eher in keiner<lb/>
helfenden Gemein&#x017F;chaft zu &#x017F;tehen &#x017F;chien. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Eines Abends landete leider der fatale,<lb/>
äng&#x017F;tliche Lektor &#x2014; der das klein&#x017F;te Vi&#x017F;iten¬<lb/>
blatt an eine Fuldai&#x017F;che Ge&#x017F;chichtskarte an¬<lb/>
klebte &#x2014; vor ihr mit &#x017F;einem Po&#x017F;t&#x017F;chiff an, und<lb/>
&#x017F;tieg mit den Staats- und Reichsanzeigen von<lb/>
ihren beiden Kindern unter beiden Armen &#x2014;<lb/>
unter jedem hatt' er eines &#x2014; ans Land; und<lb/>
doch warum fahr' ich über den Mann her?<lb/>
Konnte ein Doppelroman, zumal im Freien<lb/>
ge&#x017F;pielt, verborgner bleiben als &#x017F;on&#x017F;t ein ein¬<lb/>
facher? &#x2014;</p><lb/>
          <p>Ihr Er&#x017F;taunen kann nur mit dem größe¬<lb/>
ren ihres Gemahls verglichen werden, der zu¬<lb/>
fällig im dritten Zimmer &#x017F;ein blechernes Ohr &#x2014;<lb/>
von Schropp aus Magdeburg &#x2014;, um auf die<lb/>
Bedienten zu horchen, einge&#x017F;chraubt hatte, und<lb/>
der jetzt Manches vernahm. Doch hatte das<lb/>
Doppel-Ohr von Augu&#x017F;ti's lei&#x017F;en Hoflippen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0112] Die Miniſterin, gegen ſeine wechſelnden Plane nie im Entwerfen ſondern erſt im Aus¬ führen kriegend, vertrug ſich mit ſeinem neue¬ ſten leicht, weil er wenigſtens mit dem alten der Bouverotiſchen Verlobung eher in keiner helfenden Gemeinſchaft zu ſtehen ſchien. — Eines Abends landete leider der fatale, ängſtliche Lektor — der das kleinſte Viſiten¬ blatt an eine Fuldaiſche Geſchichtskarte an¬ klebte — vor ihr mit ſeinem Poſtſchiff an, und ſtieg mit den Staats- und Reichsanzeigen von ihren beiden Kindern unter beiden Armen — unter jedem hatt' er eines — ans Land; und doch warum fahr' ich über den Mann her? Konnte ein Doppelroman, zumal im Freien geſpielt, verborgner bleiben als ſonſt ein ein¬ facher? — Ihr Erſtaunen kann nur mit dem größe¬ ren ihres Gemahls verglichen werden, der zu¬ fällig im dritten Zimmer ſein blechernes Ohr — von Schropp aus Magdeburg —, um auf die Bedienten zu horchen, eingeſchraubt hatte, und der jetzt Manches vernahm. Doch hatte das Doppel-Ohr von Auguſti's leiſen Hoflippen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/112
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/112>, abgerufen am 27.11.2024.