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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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ruhet dieses verblutete Haupt sanfter als an
der Brust, die ihm seine Thränen zankend nach¬
zählt; und es weinet sanft nicht über, nur
um Geliebte.

Wie gewöhnlich wollte sie ihre mütterli¬
chen Gebete aufschlagen; als sie erschrocken dar¬
an dachte, daß man sie ihr genommen. Da
bückte sie heißweinend auf zu Gott und berei¬
tete allein aus dem zerbrochnen Herzen ihm
ein Gebet und nur Engel haben die Worte und
die Thränen gezählt.

76. Zykel.

Der Vater hatte die Zimmer-Gefangen¬
schaft zum strafenden Merkmal ihres Neins
gemacht. Mit hohen Schmerzen sprach sie die¬
ses stumme Nein, indem sie freiwillig im Zim¬
mer blieb und dem Morgenkuß der Mutter
entsagte. Sie hatte in der Nacht oft das todte
Bild ihrer rathgebenden Karoline flammend
angeblickt aber kein Urbild, kein Fieberbild
war ihr erschienen: kann ich länger zweifeln,
schloß sie daraus, daß die göttliche Erscheinung,
die das Ja zu meiner Liebe gesprochen, etwas

ruhet dieſes verblutete Haupt ſanfter als an
der Bruſt, die ihm ſeine Thränen zankend nach¬
zählt; und es weinet ſanft nicht über, nur
um Geliebte.

Wie gewöhnlich wollte ſie ihre mütterli¬
chen Gebete aufſchlagen; als ſie erſchrocken dar¬
an dachte, daß man ſie ihr genommen. Da
bückte ſie heißweinend auf zu Gott und berei¬
tete allein aus dem zerbrochnen Herzen ihm
ein Gebet und nur Engel haben die Worte und
die Thränen gezählt.

76. Zykel.

Der Vater hatte die Zimmer-Gefangen¬
ſchaft zum ſtrafenden Merkmal ihres Neins
gemacht. Mit hohen Schmerzen ſprach ſie die¬
ſes ſtumme Nein, indem ſie freiwillig im Zim¬
mer blieb und dem Morgenkuß der Mutter
entſagte. Sie hatte in der Nacht oft das todte
Bild ihrer rathgebenden Karoline flammend
angeblickt aber kein Urbild, kein Fieberbild
war ihr erſchienen: kann ich länger zweifeln,
ſchloß ſie daraus, daß die göttliche Erſcheinung,
die das Ja zu meiner Liebe geſprochen, etwas

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[133/0145] ruhet dieſes verblutete Haupt ſanfter als an der Bruſt, die ihm ſeine Thränen zankend nach¬ zählt; und es weinet ſanft nicht über, nur um Geliebte. Wie gewöhnlich wollte ſie ihre mütterli¬ chen Gebete aufſchlagen; als ſie erſchrocken dar¬ an dachte, daß man ſie ihr genommen. Da bückte ſie heißweinend auf zu Gott und berei¬ tete allein aus dem zerbrochnen Herzen ihm ein Gebet und nur Engel haben die Worte und die Thränen gezählt. 76. Zykel. Der Vater hatte die Zimmer-Gefangen¬ ſchaft zum ſtrafenden Merkmal ihres Neins gemacht. Mit hohen Schmerzen ſprach ſie die¬ ſes ſtumme Nein, indem ſie freiwillig im Zim¬ mer blieb und dem Morgenkuß der Mutter entſagte. Sie hatte in der Nacht oft das todte Bild ihrer rathgebenden Karoline flammend angeblickt aber kein Urbild, kein Fieberbild war ihr erſchienen: kann ich länger zweifeln, ſchloß ſie daraus, daß die göttliche Erſcheinung, die das Ja zu meiner Liebe geſprochen, etwas

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/145>, abgerufen am 24.11.2024.