Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

zufällig mit ihr aus der Perspektive des Traum-
Tempels gehen wollte --) "nein, meine Mutter
"will uns sehen, dort aus dem Traumtempel."

Er wurde roth über die mütterliche Wache,
sein Auge blitzte in ihres wider das "Ihnen"
und die heissen Blicke wollten aus ihrem be¬
wegten Gesicht das aufhaltende Räthsel ziehen.
Die Noth gebot Kraft; sie fieng an.

"Hier -- (stammelte sie und konnte zitternd
das Körbchen kaum aufbringen --) Ihre Briefe
an mich!" Er nahm sie sanft. "Ich hab' Ih¬
"nen entsagt, (fuhr sie fort,) meine Eltern sind
"nicht Schuld wenn sie gleich unsere Liebe nicht
"wollten -- ein Geheimniß betrift bloß Sie
"und ihr Glück -- das hat mich bezwungen,
"daß ich von Ihnen schied und von jeder Freu¬
de." -- -- "Ihre Briefe wollen Sie auch"
-- -- sagt' er. "Meine Eltern -- --" sagte
sie. "Das Geheimniß über mich" -- -- sagt'
er. -- "Ein Schwur bindet mich" -- sagte sie.
-- "Heute Nachts in der Kirche zu Blumenbühl
vor dem Priester" -- fragt' er. Sie deckte ih¬
re Hand auf die Augen und nickte langsam.

zufällig mit ihr aus der Perſpektive des Traum-
Tempels gehen wollte —) „nein, meine Mutter
„will uns ſehen, dort aus dem Traumtempel.“

Er wurde roth über die mütterliche Wache,
ſein Auge blitzte in ihres wider das „Ihnen“
und die heiſſen Blicke wollten aus ihrem be¬
wegten Geſicht das aufhaltende Räthſel ziehen.
Die Noth gebot Kraft; ſie fieng an.

„Hier — (ſtammelte ſie und konnte zitternd
das Körbchen kaum aufbringen —) Ihre Briefe
an mich!“ Er nahm ſie ſanft. „Ich hab' Ih¬
„nen entſagt, (fuhr ſie fort,) meine Eltern ſind
„nicht Schuld wenn ſie gleich unſere Liebe nicht
„wollten — ein Geheimniß betrift bloß Sie
„und ihr Glück — das hat mich bezwungen,
„daß ich von Ihnen ſchied und von jeder Freu¬
de.“ — — „Ihre Briefe wollen Sie auch“
— — ſagt' er. „Meine Eltern — —“ ſagte
ſie. „Das Geheimniß über mich“ — — ſagt'
er. — „Ein Schwur bindet mich“ — ſagte ſie.
— „Heute Nachts in der Kirche zu Blumenbühl
vor dem Prieſter“ — fragt' er. Sie deckte ih¬
re Hand auf die Augen und nickte langſam.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0222" n="210"/>
zufällig mit ihr aus der Per&#x017F;pektive des Traum-<lb/>
Tempels gehen wollte &#x2014;) &#x201E;nein, meine Mutter<lb/>
&#x201E;will uns &#x017F;ehen, dort aus dem Traumtempel.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Er wurde roth über die mütterliche Wache,<lb/>
&#x017F;ein Auge blitzte in ihres wider das &#x201E;Ihnen&#x201C;<lb/>
und die hei&#x017F;&#x017F;en Blicke wollten aus ihrem be¬<lb/>
wegten Ge&#x017F;icht das aufhaltende Räth&#x017F;el ziehen.<lb/>
Die Noth gebot Kraft; &#x017F;ie fieng an.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Hier &#x2014; (&#x017F;tammelte &#x017F;ie und konnte zitternd<lb/>
das Körbchen kaum aufbringen &#x2014;) Ihre Briefe<lb/>
an mich!&#x201C; Er nahm &#x017F;ie &#x017F;anft. &#x201E;Ich hab' Ih¬<lb/>
&#x201E;nen ent&#x017F;agt, (fuhr &#x017F;ie fort,) meine Eltern &#x017F;ind<lb/>
&#x201E;nicht Schuld wenn &#x017F;ie gleich un&#x017F;ere Liebe nicht<lb/>
&#x201E;wollten &#x2014; ein Geheimniß betrift bloß Sie<lb/>
&#x201E;und ihr Glück &#x2014; das hat mich bezwungen,<lb/>
&#x201E;daß ich von Ihnen &#x017F;chied und von jeder Freu¬<lb/>
de.&#x201C; &#x2014; &#x2014; &#x201E;Ihre Briefe wollen Sie auch&#x201C;<lb/>
&#x2014; &#x2014; &#x017F;agt' er. &#x201E;Meine Eltern &#x2014; &#x2014;&#x201C; &#x017F;agte<lb/>
&#x017F;ie. &#x201E;Das Geheimniß über mich&#x201C; &#x2014; &#x2014; &#x017F;agt'<lb/>
er. &#x2014; &#x201E;Ein Schwur bindet mich&#x201C; &#x2014; &#x017F;agte &#x017F;ie.<lb/>
&#x2014; &#x201E;Heute Nachts in der Kirche zu Blumenbühl<lb/>
vor dem Prie&#x017F;ter&#x201C; &#x2014; fragt' er. Sie deckte ih¬<lb/>
re Hand auf die Augen und nickte lang&#x017F;am.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0222] zufällig mit ihr aus der Perſpektive des Traum- Tempels gehen wollte —) „nein, meine Mutter „will uns ſehen, dort aus dem Traumtempel.“ Er wurde roth über die mütterliche Wache, ſein Auge blitzte in ihres wider das „Ihnen“ und die heiſſen Blicke wollten aus ihrem be¬ wegten Geſicht das aufhaltende Räthſel ziehen. Die Noth gebot Kraft; ſie fieng an. „Hier — (ſtammelte ſie und konnte zitternd das Körbchen kaum aufbringen —) Ihre Briefe an mich!“ Er nahm ſie ſanft. „Ich hab' Ih¬ „nen entſagt, (fuhr ſie fort,) meine Eltern ſind „nicht Schuld wenn ſie gleich unſere Liebe nicht „wollten — ein Geheimniß betrift bloß Sie „und ihr Glück — das hat mich bezwungen, „daß ich von Ihnen ſchied und von jeder Freu¬ de.“ — — „Ihre Briefe wollen Sie auch“ — — ſagt' er. „Meine Eltern — —“ ſagte ſie. „Das Geheimniß über mich“ — — ſagt' er. — „Ein Schwur bindet mich“ — ſagte ſie. — „Heute Nachts in der Kirche zu Blumenbühl vor dem Prieſter“ — fragt' er. Sie deckte ih¬ re Hand auf die Augen und nickte langſam.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/222
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/222>, abgerufen am 27.11.2024.