Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

"lerstuben alle Züge ein wenig zu groß ma¬
"chen, weil sich die kleinen geben. Es giebt
"Donnerpferde, aber keine Donneresel und Don¬
"nerschafe, wie doch die Hofmeister und Lektores
"gern hätten und gern vor sich hertrieben, die
"wie die Billard-Marqueurs kein offnes Feuer
"in der Pfeife leiden sondern nur eines unter
"dem Deckel." --

Jetzt lebte Albano einsam unter den Bü¬
chern. Der Bruder Lianens kam selten und
eiskalt zu ihm; und schwieg über die Leidende,
ob er gleich immer um diese blieb. Da er sel¬
ber das erste Gewebe zu dieser Blindheit ein¬
mal gesponnen: so mußt' er, zumal bei seiner
ungeschminkten Feuerliebe für seine Schwester,
den ordentlich hassen, der es wieder über sie
hereingezogen -- glaubte Albano und ertrug
es gern zur Strafe. Desto öfter ließ sich der
Hauptmann zum deutschen Herrn hinziehen, bei
dem er jetzt wider Erwarten gewann. Es ist
die Frage -- nämlich keine --, ob nicht seine
Fähigkeit und Neigung, sich mit den unähn¬
lichsten Menschen zu verflechten, bloße Kälte

„lerſtuben alle Züge ein wenig zu groß ma¬
„chen, weil ſich die kleinen geben. Es giebt
„Donnerpferde, aber keine Donnereſel und Don¬
„nerſchafe, wie doch die Hofmeiſter und Lektores
„gern hätten und gern vor ſich hertrieben, die
„wie die Billard-Marqueurs kein offnes Feuer
„in der Pfeife leiden ſondern nur eines unter
„dem Deckel.“ —

Jetzt lebte Albano einſam unter den Bü¬
chern. Der Bruder Lianens kam ſelten und
eiskalt zu ihm; und ſchwieg über die Leidende,
ob er gleich immer um dieſe blieb. Da er ſel¬
ber das erſte Gewebe zu dieſer Blindheit ein¬
mal geſponnen: ſo mußt' er, zumal bei ſeiner
ungeſchminkten Feuerliebe für ſeine Schweſter,
den ordentlich haſſen, der es wieder über ſie
hereingezogen — glaubte Albano und ertrug
es gern zur Strafe. Deſto öfter ließ ſich der
Hauptmann zum deutſchen Herrn hinziehen, bei
dem er jetzt wider Erwarten gewann. Es iſt
die Frage — nämlich keine —, ob nicht ſeine
Fähigkeit und Neigung, ſich mit den unähn¬
lichſten Menſchen zu verflechten, bloße Kälte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0232" n="220"/>
&#x201E;ler&#x017F;tuben alle Züge ein wenig zu groß ma¬<lb/>
&#x201E;chen, weil &#x017F;ich die kleinen geben. Es giebt<lb/>
&#x201E;Donnerpferde, aber keine Donnere&#x017F;el und Don¬<lb/>
&#x201E;ner&#x017F;chafe, wie doch die Hofmei&#x017F;ter und Lektores<lb/>
&#x201E;gern hätten und gern vor &#x017F;ich hertrieben, die<lb/>
&#x201E;wie die Billard-Marqueurs kein offnes Feuer<lb/>
&#x201E;in der Pfeife leiden &#x017F;ondern nur eines unter<lb/>
&#x201E;dem Deckel.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Jetzt lebte Albano ein&#x017F;am unter den Bü¬<lb/>
chern. Der Bruder Lianens kam &#x017F;elten und<lb/>
eiskalt zu ihm; und &#x017F;chwieg über die Leidende,<lb/>
ob er gleich immer um die&#x017F;e blieb. Da er &#x017F;el¬<lb/>
ber das er&#x017F;te Gewebe zu die&#x017F;er Blindheit ein¬<lb/>
mal ge&#x017F;ponnen: &#x017F;o mußt' er, zumal bei &#x017F;einer<lb/>
unge&#x017F;chminkten Feuerliebe für &#x017F;eine Schwe&#x017F;ter,<lb/>
den ordentlich ha&#x017F;&#x017F;en, der es wieder über &#x017F;ie<lb/>
hereingezogen &#x2014; glaubte Albano und ertrug<lb/>
es gern zur Strafe. De&#x017F;to öfter ließ &#x017F;ich der<lb/>
Hauptmann zum deut&#x017F;chen Herrn hinziehen, bei<lb/>
dem er jetzt wider Erwarten gewann. Es i&#x017F;t<lb/>
die Frage &#x2014; nämlich keine &#x2014;, ob nicht &#x017F;eine<lb/>
Fähigkeit und Neigung, &#x017F;ich mit den unähn¬<lb/>
lich&#x017F;ten Men&#x017F;chen zu verflechten, bloße Kälte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0232] „lerſtuben alle Züge ein wenig zu groß ma¬ „chen, weil ſich die kleinen geben. Es giebt „Donnerpferde, aber keine Donnereſel und Don¬ „nerſchafe, wie doch die Hofmeiſter und Lektores „gern hätten und gern vor ſich hertrieben, die „wie die Billard-Marqueurs kein offnes Feuer „in der Pfeife leiden ſondern nur eines unter „dem Deckel.“ — Jetzt lebte Albano einſam unter den Bü¬ chern. Der Bruder Lianens kam ſelten und eiskalt zu ihm; und ſchwieg über die Leidende, ob er gleich immer um dieſe blieb. Da er ſel¬ ber das erſte Gewebe zu dieſer Blindheit ein¬ mal geſponnen: ſo mußt' er, zumal bei ſeiner ungeſchminkten Feuerliebe für ſeine Schweſter, den ordentlich haſſen, der es wieder über ſie hereingezogen — glaubte Albano und ertrug es gern zur Strafe. Deſto öfter ließ ſich der Hauptmann zum deutſchen Herrn hinziehen, bei dem er jetzt wider Erwarten gewann. Es iſt die Frage — nämlich keine —, ob nicht ſeine Fähigkeit und Neigung, ſich mit den unähn¬ lichſten Menſchen zu verflechten, bloße Kälte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/232
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/232>, abgerufen am 23.11.2024.