Er wurde an demselben Abend auf herku¬ lanische Bilderbücher -- die mit Charitons Brief Eine Post genommen hatten -- von der Fürstin eingeladen. Sie trat ihm mit jener er¬ heiterten Liebesmine entgegen, welche man vor einem aufspannt, der vor uns sogleich wie wir hoffen, seinen gränzenlosen Dank aus dem Her¬ zen ziehen wird. Aber er hatte Nichts daraus zu ziehen. Sie fragte endlich betroffen, ob er heute keine Briefe aus Spanien erhalten. Sie vergaß, daß die Post gegen kein Haus höflich und eilig ist als gegen das Fürstenhaus. Da aber sein Brief schon gewiß in seinem Zimmer lag: so erlaubte sie sich, die Rolle der Zeit zu nehmen, welche Alles an den Tag bringt und sagte, was im Briefe stehe, "daß sie nehmlich im "Herbste eine kleine Kunstreise nach Rom un¬ "ternehme, auf der sie sein Vater begleiten wer¬ "de und Er diesen, wenn Er wolle; das sey das "ganze Geheimniß." -- Es war das halbe; denn sie setzte bald darauf hinzu, daß sie der besten Zeichnerin in der Stadt am liebsten die Freude dieser Reise zuwende, sobald diese nur genese -- Lianen.
Wie
Er wurde an demſelben Abend auf herku¬ laniſche Bilderbücher — die mit Charitons Brief Eine Poſt genommen hatten — von der Fürſtin eingeladen. Sie trat ihm mit jener er¬ heiterten Liebesmine entgegen, welche man vor einem aufſpannt, der vor uns ſogleich wie wir hoffen, ſeinen gränzenloſen Dank aus dem Her¬ zen ziehen wird. Aber er hatte Nichts daraus zu ziehen. Sie fragte endlich betroffen, ob er heute keine Briefe aus Spanien erhalten. Sie vergaß, daß die Poſt gegen kein Haus höflich und eilig iſt als gegen das Fürſtenhaus. Da aber ſein Brief ſchon gewiß in ſeinem Zimmer lag: ſo erlaubte ſie ſich, die Rolle der Zeit zu nehmen, welche Alles an den Tag bringt und ſagte, was im Briefe ſtehe, „daß ſie nehmlich im „Herbſte eine kleine Kunſtreiſe nach Rom un¬ „ternehme, auf der ſie ſein Vater begleiten wer¬ „de und Er dieſen, wenn Er wolle; das ſey das „ganze Geheimniß.“ — Es war das halbe; denn ſie ſetzte bald darauf hinzu, daß ſie der beſten Zeichnerin in der Stadt am liebſten die Freude dieſer Reiſe zuwende, ſobald dieſe nur geneſe — Lianen.
Wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0268"n="256"/><p>Er wurde an demſelben Abend auf herku¬<lb/>
laniſche Bilderbücher — die mit Charitons<lb/>
Brief Eine Poſt genommen hatten — von der<lb/>
Fürſtin eingeladen. Sie trat ihm mit jener er¬<lb/>
heiterten Liebesmine entgegen, welche man vor<lb/>
einem aufſpannt, der vor uns ſogleich wie wir<lb/>
hoffen, ſeinen gränzenloſen Dank aus dem Her¬<lb/>
zen ziehen wird. Aber er hatte Nichts daraus<lb/>
zu ziehen. Sie fragte endlich betroffen, ob er<lb/>
heute keine Briefe aus Spanien erhalten. Sie<lb/>
vergaß, daß die Poſt gegen kein Haus höflich<lb/>
und eilig iſt als gegen das Fürſtenhaus. Da<lb/>
aber ſein Brief ſchon gewiß in ſeinem Zimmer<lb/>
lag: ſo erlaubte ſie ſich, die Rolle der Zeit zu<lb/>
nehmen, welche Alles an den Tag bringt und<lb/>ſagte, was im Briefe ſtehe, „daß ſie nehmlich im<lb/>„Herbſte eine kleine Kunſtreiſe nach Rom un¬<lb/>„ternehme, auf der ſie ſein Vater begleiten wer¬<lb/>„de und Er dieſen, wenn Er wolle; das ſey das<lb/>„ganze Geheimniß.“— Es war das halbe;<lb/>
denn ſie ſetzte bald darauf hinzu, daß ſie der<lb/>
beſten Zeichnerin in der Stadt am liebſten die<lb/>
Freude dieſer Reiſe zuwende, ſobald dieſe nur<lb/>
geneſe — Lianen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wie<lb/></fw></div></div></body></text></TEI>
[256/0268]
Er wurde an demſelben Abend auf herku¬
laniſche Bilderbücher — die mit Charitons
Brief Eine Poſt genommen hatten — von der
Fürſtin eingeladen. Sie trat ihm mit jener er¬
heiterten Liebesmine entgegen, welche man vor
einem aufſpannt, der vor uns ſogleich wie wir
hoffen, ſeinen gränzenloſen Dank aus dem Her¬
zen ziehen wird. Aber er hatte Nichts daraus
zu ziehen. Sie fragte endlich betroffen, ob er
heute keine Briefe aus Spanien erhalten. Sie
vergaß, daß die Poſt gegen kein Haus höflich
und eilig iſt als gegen das Fürſtenhaus. Da
aber ſein Brief ſchon gewiß in ſeinem Zimmer
lag: ſo erlaubte ſie ſich, die Rolle der Zeit zu
nehmen, welche Alles an den Tag bringt und
ſagte, was im Briefe ſtehe, „daß ſie nehmlich im
„Herbſte eine kleine Kunſtreiſe nach Rom un¬
„ternehme, auf der ſie ſein Vater begleiten wer¬
„de und Er dieſen, wenn Er wolle; das ſey das
„ganze Geheimniß.“ — Es war das halbe;
denn ſie ſetzte bald darauf hinzu, daß ſie der
beſten Zeichnerin in der Stadt am liebſten die
Freude dieſer Reiſe zuwende, ſobald dieſe nur
geneſe — Lianen.
Wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/268>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.