seinem befreieten und befreienden, großmüthi¬ gen Geiste Nichts peinlicher widerstand als die widrige Erwägung, was nun auf dem Altar der Liebe an das heilige Opferfeuer die Eltern für schmutzigen Torf zur Feuerung nachlegen, oder für Töpfe zum Kochen ansetzen könnten -- wie leicht dann sogar poetische Eltern sich oft mit den Kindern verwandeln in prosaische oder juristische, der Vater sich ins Regierungs-, die Mutter ins Kammerkollegium -- wie wenig¬ stens dann die Hofluft leibeigen mache, so wie nur der poetische Himmels-Aether frei -- und welche Perturbazionen seinem Hesperus von dem anziehenden Weltkörper, vom alten Mi¬ nister bevorständen, der bei der Liebe Nichts unnützer fand als die Liebe und dem die hei¬ ligsten Empfindungen für Standesehen so brauchbar schienen, wie für Predigtämter das Hebräische, nämlich mehr im Examen als im Dienste. -- So schlimm dacht' er von seinem Schwiegervater, denn er kannte das Schlim¬ mere nicht.
Aber die gute Tochter dachte von ihrer Mutter viel höher als ein Fremder, und ihr
ſeinem befreieten und befreienden, großmüthi¬ gen Geiſte Nichts peinlicher widerſtand als die widrige Erwägung, was nun auf dem Altar der Liebe an das heilige Opferfeuer die Eltern für ſchmutzigen Torf zur Feuerung nachlegen, oder für Töpfe zum Kochen anſetzen könnten — wie leicht dann ſogar poetiſche Eltern ſich oft mit den Kindern verwandeln in proſaiſche oder juriſtiſche, der Vater ſich ins Regierungs-, die Mutter ins Kammerkollegium — wie wenig¬ ſtens dann die Hofluft leibeigen mache, ſo wie nur der poetiſche Himmels-Aether frei — und welche Perturbazionen ſeinem Heſperus von dem anziehenden Weltkörper, vom alten Mi¬ niſter bevorſtänden, der bei der Liebe Nichts unnützer fand als die Liebe und dem die hei¬ ligſten Empfindungen für Standesehen ſo brauchbar ſchienen, wie für Predigtämter das Hebräiſche, nämlich mehr im Examen als im Dienſte. — So ſchlimm dacht' er von ſeinem Schwiegervater, denn er kannte das Schlim¬ mere nicht.
Aber die gute Tochter dachte von ihrer Mutter viel höher als ein Fremder, und ihr
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0039"n="27"/>ſeinem befreieten und befreienden, großmüthi¬<lb/>
gen Geiſte Nichts peinlicher widerſtand als die<lb/>
widrige Erwägung, was nun auf dem Altar<lb/>
der Liebe an das heilige Opferfeuer die Eltern<lb/>
für ſchmutzigen Torf zur Feuerung nachlegen,<lb/>
oder für Töpfe zum Kochen anſetzen könnten —<lb/>
wie leicht dann ſogar poetiſche Eltern ſich oft<lb/>
mit den Kindern verwandeln in proſaiſche oder<lb/>
juriſtiſche, der Vater ſich ins Regierungs-, die<lb/>
Mutter ins Kammerkollegium — wie wenig¬<lb/>ſtens dann die Hofluft leibeigen mache, ſo wie<lb/>
nur der poetiſche Himmels-Aether frei — und<lb/>
welche Perturbazionen ſeinem Heſperus von<lb/>
dem anziehenden Weltkörper, vom alten Mi¬<lb/>
niſter bevorſtänden, der bei der Liebe Nichts<lb/>
unnützer fand als die Liebe und dem die hei¬<lb/>
ligſten Empfindungen für Standesehen ſo<lb/>
brauchbar ſchienen, wie für Predigtämter das<lb/>
Hebräiſche, nämlich mehr im Examen als im<lb/>
Dienſte. — So ſchlimm dacht' er von ſeinem<lb/>
Schwiegervater, denn er kannte das Schlim¬<lb/>
mere nicht.</p><lb/><p>Aber die gute Tochter dachte von ihrer<lb/>
Mutter viel höher als ein Fremder, und ihr<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[27/0039]
ſeinem befreieten und befreienden, großmüthi¬
gen Geiſte Nichts peinlicher widerſtand als die
widrige Erwägung, was nun auf dem Altar
der Liebe an das heilige Opferfeuer die Eltern
für ſchmutzigen Torf zur Feuerung nachlegen,
oder für Töpfe zum Kochen anſetzen könnten —
wie leicht dann ſogar poetiſche Eltern ſich oft
mit den Kindern verwandeln in proſaiſche oder
juriſtiſche, der Vater ſich ins Regierungs-, die
Mutter ins Kammerkollegium — wie wenig¬
ſtens dann die Hofluft leibeigen mache, ſo wie
nur der poetiſche Himmels-Aether frei — und
welche Perturbazionen ſeinem Heſperus von
dem anziehenden Weltkörper, vom alten Mi¬
niſter bevorſtänden, der bei der Liebe Nichts
unnützer fand als die Liebe und dem die hei¬
ligſten Empfindungen für Standesehen ſo
brauchbar ſchienen, wie für Predigtämter das
Hebräiſche, nämlich mehr im Examen als im
Dienſte. — So ſchlimm dacht' er von ſeinem
Schwiegervater, denn er kannte das Schlim¬
mere nicht.
Aber die gute Tochter dachte von ihrer
Mutter viel höher als ein Fremder, und ihr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/39>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.