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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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den-Schlage auf den Knieen nach der himm¬
lischen Erscheinung lechzete und blickte.

Aber sein Vater überließ ihn wie eine
Menschheit den eignen Kräften; er sagte, er
sehe mit Vergnügen eine solche seltne unge¬
schwächte Jugendkraft und sey gar nicht in
Furcht, auch ließ er ungestört alles für die Rei¬
se nach Italien packen. Er besuchte den Hof,
d. h. alles. Wer es wußte, was er den Men¬
schen abzufodern und abzuläugnen pflegte, dem
gab diese allgemeine Gefälligkeit gegen alle
Welt die Schmerzen eines verwundeten Ehrge¬
fühls, wenn ihn Gaspard auch anredete. Er
besuchte zuerst den Fürsten, welcher an ihm, ob
ihn gleich der Ritter in Italien ruhig die ver¬
giftete Hostie der Liebe sammt ihrem Giftkelch
hatte empfangen lassen immer mit Angewöh¬
nung hieng. Der Ritter besichtigte mit ihm
den Zuwachs der neuen Kunstwerke; beide gli¬
chen scharf und frei ihre Urtheile darüber ge¬
geneinander aus und gaben einander Auf¬
träge für die Abwesenheit.

Darauf gieng er zur Reisegefährtin, zur
Fürstin, gegen welche zwar sein aufreibender

den-Schlage auf den Knieen nach der himm¬
liſchen Erſcheinung lechzete und blickte.

Aber ſein Vater überließ ihn wie eine
Menſchheit den eignen Kräften; er ſagte, er
ſehe mit Vergnügen eine ſolche ſeltne unge¬
ſchwächte Jugendkraft und ſey gar nicht in
Furcht, auch ließ er ungeſtört alles für die Rei¬
ſe nach Italien packen. Er beſuchte den Hof,
d. h. alles. Wer es wußte, was er den Men¬
ſchen abzufodern und abzuläugnen pflegte, dem
gab dieſe allgemeine Gefälligkeit gegen alle
Welt die Schmerzen eines verwundeten Ehrge¬
fühls, wenn ihn Gaſpard auch anredete. Er
beſuchte zuerſt den Fürſten, welcher an ihm, ob
ihn gleich der Ritter in Italien ruhig die ver¬
giftete Hoſtie der Liebe ſammt ihrem Giftkelch
hatte empfangen laſſen immer mit Angewöh¬
nung hieng. Der Ritter beſichtigte mit ihm
den Zuwachs der neuen Kunſtwerke; beide gli¬
chen ſcharf und frei ihre Urtheile darüber ge¬
geneinander aus und gaben einander Auf¬
träge für die Abweſenheit.

Darauf gieng er zur Reiſegefährtin, zur
Fürſtin, gegen welche zwar ſein aufreibender

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[396/0408] den-Schlage auf den Knieen nach der himm¬ liſchen Erſcheinung lechzete und blickte. Aber ſein Vater überließ ihn wie eine Menſchheit den eignen Kräften; er ſagte, er ſehe mit Vergnügen eine ſolche ſeltne unge¬ ſchwächte Jugendkraft und ſey gar nicht in Furcht, auch ließ er ungeſtört alles für die Rei¬ ſe nach Italien packen. Er beſuchte den Hof, d. h. alles. Wer es wußte, was er den Men¬ ſchen abzufodern und abzuläugnen pflegte, dem gab dieſe allgemeine Gefälligkeit gegen alle Welt die Schmerzen eines verwundeten Ehrge¬ fühls, wenn ihn Gaſpard auch anredete. Er beſuchte zuerſt den Fürſten, welcher an ihm, ob ihn gleich der Ritter in Italien ruhig die ver¬ giftete Hoſtie der Liebe ſammt ihrem Giftkelch hatte empfangen laſſen immer mit Angewöh¬ nung hieng. Der Ritter beſichtigte mit ihm den Zuwachs der neuen Kunſtwerke; beide gli¬ chen ſcharf und frei ihre Urtheile darüber ge¬ geneinander aus und gaben einander Auf¬ träge für die Abweſenheit. Darauf gieng er zur Reiſegefährtin, zur Fürſtin, gegen welche zwar ſein aufreibender

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/408>, abgerufen am 09.11.2024.