Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

ten (akustisch-gebaueten) Schmerze ihres Va¬
ters, oder von der starren in dumpfe Quaal
gewickelten Mutter -- Er wußt' es nicht vor¬
aus, daß die bleiche Charis in ihrem Krönungs¬
zimmer an einem Abende zwischen Lichtern zum
letztenmal der Erde erscheinen werde, bekränzt,
geschmückt und schlummernd -- Ihm starb zwar
in jeder Stunde eine unendliche Hofnung, aber
jede gebar ihm auch eine neue. -- --

"Armer Bruder, (sagte Schoppe am an¬
dern Tag im edeln Zorn) ich schwöre Dirs,
Du bekommst heute Deinen Frieden." -- Der
blasse Kranke sah ihn bittend an. "Bei Gott!"
schwur Schoppe und weinte beinahe.

98. Zykel.

Schoppe hatte sich vorgesetzt, um den Rit¬
ter -- der den Abend halb an den Minister
und halb an Wehrfritz in Blumenbühl ver¬
theilte -- sich gar nicht zu bekümmern, sondern
geradezu vor die Prinzessin Idoine mit der
großen Bitte zu treten. Vorher wollt' er sich
den Lektor dazu holen als Thürhüter oder Bil¬
leteur der versperrten Hofthüren und als Bür¬

C c 2

ten (akuſtiſch-gebaueten) Schmerze ihres Va¬
ters, oder von der ſtarren in dumpfe Quaal
gewickelten Mutter — Er wußt' es nicht vor¬
aus, daß die bleiche Charis in ihrem Krönungs¬
zimmer an einem Abende zwiſchen Lichtern zum
letztenmal der Erde erſcheinen werde, bekränzt,
geſchmückt und ſchlummernd — Ihm ſtarb zwar
in jeder Stunde eine unendliche Hofnung, aber
jede gebar ihm auch eine neue. — —

„Armer Bruder, (ſagte Schoppe am an¬
dern Tag im edeln Zorn) ich ſchwöre Dirs,
Du bekommſt heute Deinen Frieden.“ — Der
blaſſe Kranke ſah ihn bittend an. „Bei Gott!“
ſchwur Schoppe und weinte beinahe.

98. Zykel.

Schoppe hatte ſich vorgeſetzt, um den Rit¬
ter — der den Abend halb an den Miniſter
und halb an Wehrfritz in Blumenbühl ver¬
theilte — ſich gar nicht zu bekümmern, ſondern
geradezu vor die Prinzeſſin Idoine mit der
großen Bitte zu treten. Vorher wollt' er ſich
den Lektor dazu holen als Thürhüter oder Bil¬
leteur der verſperrten Hofthüren und als Bür¬

C c 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0415" n="403"/>
ten (aku&#x017F;ti&#x017F;ch-gebaueten) Schmerze ihres Va¬<lb/>
ters, oder von der &#x017F;tarren in dumpfe Quaal<lb/>
gewickelten Mutter &#x2014; Er wußt' es nicht vor¬<lb/>
aus, daß die bleiche Charis in ihrem Krönungs¬<lb/>
zimmer an einem Abende zwi&#x017F;chen Lichtern zum<lb/>
letztenmal der Erde er&#x017F;cheinen werde, bekränzt,<lb/>
ge&#x017F;chmückt und &#x017F;chlummernd &#x2014; Ihm &#x017F;tarb zwar<lb/>
in jeder Stunde eine unendliche Hofnung, aber<lb/>
jede gebar ihm auch eine neue. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Armer Bruder, (&#x017F;agte Schoppe am an¬<lb/>
dern Tag im edeln Zorn) ich &#x017F;chwöre Dirs,<lb/>
Du bekomm&#x017F;t heute Deinen Frieden.&#x201C; &#x2014; Der<lb/>
bla&#x017F;&#x017F;e Kranke &#x017F;ah ihn bittend an. &#x201E;Bei Gott!&#x201C;<lb/>
&#x017F;chwur Schoppe und weinte beinahe.</p><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>98. <hi rendition="#g">Zykel.</hi><lb/></head>
          <p>Schoppe hatte &#x017F;ich vorge&#x017F;etzt, um den Rit¬<lb/>
ter &#x2014; der den Abend halb an den Mini&#x017F;ter<lb/>
und halb an Wehrfritz in Blumenbühl ver¬<lb/>
theilte &#x2014; &#x017F;ich gar nicht zu bekümmern, &#x017F;ondern<lb/>
geradezu vor die Prinze&#x017F;&#x017F;in Idoine mit der<lb/>
großen Bitte zu treten. Vorher wollt' er &#x017F;ich<lb/>
den Lektor dazu holen als Thürhüter oder Bil¬<lb/>
leteur der ver&#x017F;perrten Hofthüren und als Bür¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c 2<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[403/0415] ten (akuſtiſch-gebaueten) Schmerze ihres Va¬ ters, oder von der ſtarren in dumpfe Quaal gewickelten Mutter — Er wußt' es nicht vor¬ aus, daß die bleiche Charis in ihrem Krönungs¬ zimmer an einem Abende zwiſchen Lichtern zum letztenmal der Erde erſcheinen werde, bekränzt, geſchmückt und ſchlummernd — Ihm ſtarb zwar in jeder Stunde eine unendliche Hofnung, aber jede gebar ihm auch eine neue. — — „Armer Bruder, (ſagte Schoppe am an¬ dern Tag im edeln Zorn) ich ſchwöre Dirs, Du bekommſt heute Deinen Frieden.“ — Der blaſſe Kranke ſah ihn bittend an. „Bei Gott!“ ſchwur Schoppe und weinte beinahe. 98. Zykel. Schoppe hatte ſich vorgeſetzt, um den Rit¬ ter — der den Abend halb an den Miniſter und halb an Wehrfritz in Blumenbühl ver¬ theilte — ſich gar nicht zu bekümmern, ſondern geradezu vor die Prinzeſſin Idoine mit der großen Bitte zu treten. Vorher wollt' er ſich den Lektor dazu holen als Thürhüter oder Bil¬ leteur der verſperrten Hofthüren und als Bür¬ C c 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/415
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/415>, abgerufen am 21.11.2024.