Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.hass' ich recht; wenn einmal ein seltener Mensch Sie sah ihn groß an: "Ihr sprecht ja wie haſſ' ich recht; wenn einmal ein ſeltener Menſch Sie ſah ihn groß an: „Ihr ſprecht ja wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0144" n="132"/> haſſ' ich recht; wenn einmal ein ſeltener Menſch<lb/> einen ganzen Willen hat und keinen halben<lb/> und auf ſeiner Kraft beruht und nicht wie ein<lb/> Schaalthier ſich an jedes andere klebt: ſo heis¬<lb/> ſet er kalt. Iſt die Sonne in der Nähe nicht<lb/> auch kalt?“ — „Der Tod iſt kalt, (rief Al¬<lb/> bano ſehr bewegt, weil er oft ſelber mehr Kraft<lb/> als Liebe zu haben glaubte,) aber eine erha¬<lb/> bene Kälte, eine erhabene Quaal kann es wohl<lb/> geben, die mit Adlersklaue das Herz in die Hö¬<lb/> he entführt, aber es zerreiſſet mitten im Him¬<lb/> mel und vor der Sonne.“</p><lb/> <p>Sie ſah ihn groß an: „Ihr ſprecht ja wie<lb/> ein Weib; (ſagte ſie) das allein hat ohne die<lb/> Macht der Liebe nichts zu wollen und zu thun;<lb/> aber es war artig.“ — Dian, zu allgemeinen<lb/> Betrachtungen verdorben und nur zu indivi¬<lb/> duellen tüchtig, unterbrach ſie mit Fragen über<lb/> einzelne Kunſtwerke in Neapel; ſie theilte ſehr<lb/> offen ihre eigenthümliche Anſicht mit, obwohl ziem¬<lb/> lich entſcheidend. Albano dachte zuerſt an ſeinen<lb/> zeichnenden Freund Schoppe und fragte nach<lb/> ihm: „bei meiner Abreiſe (ſagte ſie) war er<lb/> noch in Peſtiz, ob ich gleich nicht begreife, was<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0144]
haſſ' ich recht; wenn einmal ein ſeltener Menſch
einen ganzen Willen hat und keinen halben
und auf ſeiner Kraft beruht und nicht wie ein
Schaalthier ſich an jedes andere klebt: ſo heis¬
ſet er kalt. Iſt die Sonne in der Nähe nicht
auch kalt?“ — „Der Tod iſt kalt, (rief Al¬
bano ſehr bewegt, weil er oft ſelber mehr Kraft
als Liebe zu haben glaubte,) aber eine erha¬
bene Kälte, eine erhabene Quaal kann es wohl
geben, die mit Adlersklaue das Herz in die Hö¬
he entführt, aber es zerreiſſet mitten im Him¬
mel und vor der Sonne.“
Sie ſah ihn groß an: „Ihr ſprecht ja wie
ein Weib; (ſagte ſie) das allein hat ohne die
Macht der Liebe nichts zu wollen und zu thun;
aber es war artig.“ — Dian, zu allgemeinen
Betrachtungen verdorben und nur zu indivi¬
duellen tüchtig, unterbrach ſie mit Fragen über
einzelne Kunſtwerke in Neapel; ſie theilte ſehr
offen ihre eigenthümliche Anſicht mit, obwohl ziem¬
lich entſcheidend. Albano dachte zuerſt an ſeinen
zeichnenden Freund Schoppe und fragte nach
ihm: „bei meiner Abreiſe (ſagte ſie) war er
noch in Peſtiz, ob ich gleich nicht begreife, was
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