Mensch, der Dich liebt!" -- Albano lächelte, wurde aber am Ende ernst. Linda war still und senkte das Auge. "Zeige mir (sagte er sanft wie nur mit halbem Ernst und Scherz) auf der Landkarte eine bessere Laufbahn!" -- "Ei¬ nen bösern Laufgraben? (sagte sie spielend.) Wohl kaum!" Nun schattete sie mit aristokra¬ tischen, weiblichen und fürstlichen Farben zu¬ gleich, mit dreifarbigen Farbenerden alle Flam¬ men, Rauchwolken und Wellen ab, womit der Monte nuovo der Revoluzion aus dem Grunde aufgestiegen war. Und setzte dazu: "lieber ein müßiger Graf als das!" -- Er wurde roth. Von jeher war ihm das weibliche Binden der männlichen Kraft, das liebende Krummschlies¬ sen zu Blumen herab, das ungerechte Umschmie¬ den des Liebes-Rings Galeeren-Ring zum so aufschreckend und verhasset; -- "in einer Welt, die nur eine Meßwoche und ein Maskenball ist, nicht einmal Meß- und Maskenfreiheit zu behalten, ist stark," hatte einmal Schoppe ge¬ sagt und er nie vergessen, weil es aus seiner Seele in sie kam. "Schwester, Du bist entwe¬ der nicht mein Bruder, oder ich Deine Schwe¬
Menſch, der Dich liebt!“ — Albano lächelte, wurde aber am Ende ernſt. Linda war ſtill und ſenkte das Auge. „Zeige mir (ſagte er ſanft wie nur mit halbem Ernſt und Scherz) auf der Landkarte eine beſſere Laufbahn!“ — „Ei¬ nen böſern Laufgraben? (ſagte ſie ſpielend.) Wohl kaum!“ Nun ſchattete ſie mit ariſtokra¬ tiſchen, weiblichen und fürſtlichen Farben zu¬ gleich, mit dreifarbigen Farbenerden alle Flam¬ men, Rauchwolken und Wellen ab, womit der Monte nuovo der Revoluzion aus dem Grunde aufgeſtiegen war. Und ſetzte dazu: „lieber ein müßiger Graf als das!“ — Er wurde roth. Von jeher war ihm das weibliche Binden der männlichen Kraft, das liebende Krummſchlies¬ ſen zu Blumen herab, das ungerechte Umſchmie¬ den des Liebes-Rings Galeeren-Ring zum ſo aufſchreckend und verhaſſet; — „in einer Welt, die nur eine Meßwoche und ein Maskenball iſt, nicht einmal Meß- und Maskenfreiheit zu behalten, iſt ſtark,“ hatte einmal Schoppe ge¬ ſagt und er nie vergeſſen, weil es aus ſeiner Seele in ſie kam. „Schweſter, Du biſt entwe¬ der nicht mein Bruder, oder ich Deine Schwe¬
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Menſch, der Dich liebt!“ — Albano lächelte,
wurde aber am Ende ernſt. Linda war ſtill
und ſenkte das Auge. „Zeige mir (ſagte er
ſanft wie nur mit halbem Ernſt und Scherz) auf
der Landkarte eine beſſere Laufbahn!“ — „Ei¬
nen böſern Laufgraben? (ſagte ſie ſpielend.)
Wohl kaum!“ Nun ſchattete ſie mit ariſtokra¬
tiſchen, weiblichen und fürſtlichen Farben zu¬
gleich, mit dreifarbigen Farbenerden alle Flam¬
men, Rauchwolken und Wellen ab, womit der
Monte nuovo der Revoluzion aus dem Grunde
aufgeſtiegen war. Und ſetzte dazu: „lieber ein
müßiger Graf als das!“ — Er wurde roth.
Von jeher war ihm das weibliche Binden der
männlichen Kraft, das liebende Krummſchlies¬
ſen zu Blumen herab, das ungerechte Umſchmie¬
den des Liebes-Rings Galeeren-Ring zum ſo
aufſchreckend und verhaſſet; — „in einer Welt,
die nur eine Meßwoche und ein Maskenball
iſt, nicht einmal Meß- und Maskenfreiheit zu
behalten, iſt ſtark,“ hatte einmal Schoppe ge¬
ſagt und er nie vergeſſen, weil es aus ſeiner
Seele in ſie kam. „Schweſter, Du biſt entwe¬
der nicht mein Bruder, oder ich Deine Schwe¬
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/211>, abgerufen am 23.11.2024.
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