Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

wir fort müssen." "Wahrlich, die Prinzessinn
hat Recht," sagte Linda und setzte wie unmu¬
thig über Albano und alles dazu: "und was
ist das Leben weiter als eine gläserne Himmels¬
pforte? Sie zeigt uns das Schönste und jedes
Glück, aber sie ist doch nicht offen."

Durch Zufälle fremder Umgebung waren sie
gezwungen, sich mit kaltem Scheine zu verlas¬
sen und nach der Gewohnheit des neckenden
Schicksals eine große Vergangenheit mit einer
kleinen Gegenwart zu beschließen.

Albano reisete so schnell sein Sinn es ver¬
mochte über die erhabne Welt um ihn her.
Als er in Mola ankam, hört' er die seltsame
Nachricht, daß man in Gaeta eine ganze le¬
derne Kleidung mit einer Maske weit im Meere
schwimmend gefunden, die des aufgefahrnen
Mönchs seine gewesen seyn müsse und bei wel¬
cher man nichts so unbegreiflich gefunden als
die Leerheit ohne einen todten Leib. -- In
Mola verduftete endlich die schöne Ischias-In¬
sel, die hohe Himmelsburg und der steigende
Pol bedeckte unter andern südlichen Sternbil¬
dern auch dieses warme, das mit Glückssonnen

Titan IV. O

wir fort müſſen.“ „Wahrlich, die Prinzeſſinn
hat Recht,“ ſagte Linda und ſetzte wie unmu¬
thig über Albano und alles dazu: „und was
iſt das Leben weiter als eine gläſerne Himmels¬
pforte? Sie zeigt uns das Schönſte und jedes
Glück, aber ſie iſt doch nicht offen.“

Durch Zufälle fremder Umgebung waren ſie
gezwungen, ſich mit kaltem Scheine zu verlas¬
ſen und nach der Gewohnheit des neckenden
Schickſals eine große Vergangenheit mit einer
kleinen Gegenwart zu beſchließen.

Albano reiſete ſo ſchnell ſein Sinn es ver¬
mochte über die erhabne Welt um ihn her.
Als er in Mola ankam, hört' er die ſeltſame
Nachricht, daß man in Gaeta eine ganze le¬
derne Kleidung mit einer Maske weit im Meere
ſchwimmend gefunden, die des aufgefahrnen
Mönchs ſeine geweſen ſeyn müſſe und bei wel¬
cher man nichts ſo unbegreiflich gefunden als
die Leerheit ohne einen todten Leib. — In
Mola verduftete endlich die ſchöne Iſchias-In¬
ſel, die hohe Himmelsburg und der ſteigende
Pol bedeckte unter andern ſüdlichen Sternbil¬
dern auch dieſes warme, das mit Glücksſonnen

Titan IV. O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0221" n="209"/>
wir fort mü&#x017F;&#x017F;en.&#x201C; &#x201E;Wahrlich, die Prinze&#x017F;&#x017F;inn<lb/>
hat Recht,&#x201C; &#x017F;agte Linda und &#x017F;etzte wie unmu¬<lb/>
thig über Albano und alles dazu: &#x201E;und was<lb/>
i&#x017F;t das Leben weiter als eine glä&#x017F;erne Himmels¬<lb/>
pforte? Sie zeigt uns das Schön&#x017F;te und jedes<lb/>
Glück, aber &#x017F;ie i&#x017F;t doch nicht offen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Durch Zufälle fremder Umgebung waren &#x017F;ie<lb/>
gezwungen, &#x017F;ich mit kaltem Scheine zu verlas¬<lb/>
&#x017F;en und nach der Gewohnheit des neckenden<lb/>
Schick&#x017F;als eine große Vergangenheit mit einer<lb/>
kleinen Gegenwart zu be&#x017F;chließen.</p><lb/>
          <p>Albano rei&#x017F;ete &#x017F;o &#x017F;chnell &#x017F;ein Sinn es ver¬<lb/>
mochte über die erhabne Welt um ihn her.<lb/>
Als er in Mola ankam, hört' er die &#x017F;elt&#x017F;ame<lb/>
Nachricht, daß man in Gaeta eine ganze le¬<lb/>
derne Kleidung mit einer Maske weit im Meere<lb/>
&#x017F;chwimmend gefunden, die des aufgefahrnen<lb/>
Mönchs &#x017F;eine gewe&#x017F;en &#x017F;eyn mü&#x017F;&#x017F;e und bei wel¬<lb/>
cher man nichts &#x017F;o unbegreiflich gefunden als<lb/>
die Leerheit ohne einen todten Leib. &#x2014; In<lb/>
Mola verduftete endlich die &#x017F;chöne I&#x017F;chias-In¬<lb/>
&#x017F;el, die hohe Himmelsburg und der &#x017F;teigende<lb/>
Pol bedeckte unter andern &#x017F;üdlichen Sternbil¬<lb/>
dern auch die&#x017F;es warme, das mit Glücks&#x017F;onnen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Titan <hi rendition="#aq">IV</hi>. O<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0221] wir fort müſſen.“ „Wahrlich, die Prinzeſſinn hat Recht,“ ſagte Linda und ſetzte wie unmu¬ thig über Albano und alles dazu: „und was iſt das Leben weiter als eine gläſerne Himmels¬ pforte? Sie zeigt uns das Schönſte und jedes Glück, aber ſie iſt doch nicht offen.“ Durch Zufälle fremder Umgebung waren ſie gezwungen, ſich mit kaltem Scheine zu verlas¬ ſen und nach der Gewohnheit des neckenden Schickſals eine große Vergangenheit mit einer kleinen Gegenwart zu beſchließen. Albano reiſete ſo ſchnell ſein Sinn es ver¬ mochte über die erhabne Welt um ihn her. Als er in Mola ankam, hört' er die ſeltſame Nachricht, daß man in Gaeta eine ganze le¬ derne Kleidung mit einer Maske weit im Meere ſchwimmend gefunden, die des aufgefahrnen Mönchs ſeine geweſen ſeyn müſſe und bei wel¬ cher man nichts ſo unbegreiflich gefunden als die Leerheit ohne einen todten Leib. — In Mola verduftete endlich die ſchöne Iſchias-In¬ ſel, die hohe Himmelsburg und der ſteigende Pol bedeckte unter andern ſüdlichen Sternbil¬ dern auch dieſes warme, das mit Glücksſonnen Titan IV. O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/221
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/221>, abgerufen am 23.11.2024.