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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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er Juliennens moralische Härte gegen jede ge¬
nialische schon aus ihrem Mißurtheil über Lia¬
nen kannte --; aber er gab ihr das leichte
Wort, sie zu fliehen, ohne ihr den Grund,
nehmlich ihre so hart entzauberte Liebe für ihn,
zu sagen. Für sein Zartgefühl gab es keine
größere Rohheit als dieses öffentliche Erbre¬
chen und Vorlesen eines Liebesbriefs, als das
männliche Auffangen und Ausrufen eines weib¬
lichen Seufzers der Liebe durch ein Sprach¬
rohr fürs Volk.

Alle kamen wieder zusammen -- lagerten
sich auf eine Stelle, die den See und die Al¬
pen und die Blüthen-Schatten gab -- der
Tag glühte sich ab und sank von Schönheit
zu Schönheit zum Abend hinunter. -- "Auf
dieser feinen Insel (sagte Dian) fängt sich
schon das nordische Wesen an und wir ste¬
hen bald zu Hause unter einem spitzen Dach."
-- "Nun ja, (sagte Julienne,) aber endlich
hat man's doch auch gern, wenn man wieder
einen reinlichen Menschen, eine Blondine und
einen Schatten sieht und ein Paar Vögel

er Juliennens moraliſche Härte gegen jede ge¬
nialiſche ſchon aus ihrem Mißurtheil über Lia¬
nen kannte —; aber er gab ihr das leichte
Wort, ſie zu fliehen, ohne ihr den Grund,
nehmlich ihre ſo hart entzauberte Liebe für ihn,
zu ſagen. Für ſein Zartgefühl gab es keine
größere Rohheit als dieſes öffentliche Erbre¬
chen und Vorleſen eines Liebesbriefs, als das
männliche Auffangen und Ausrufen eines weib¬
lichen Seufzers der Liebe durch ein Sprach¬
rohr fürs Volk.

Alle kamen wieder zuſammen — lagerten
ſich auf eine Stelle, die den See und die Al¬
pen und die Blüthen-Schatten gab — der
Tag glühte ſich ab und ſank von Schönheit
zu Schönheit zum Abend hinunter. — „Auf
dieſer feinen Inſel (ſagte Dian) fängt ſich
ſchon das nordiſche Weſen an und wir ſte¬
hen bald zu Hauſe unter einem ſpitzen Dach.“
— „Nun ja, (ſagte Julienne,) aber endlich
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[242/0254] er Juliennens moraliſche Härte gegen jede ge¬ nialiſche ſchon aus ihrem Mißurtheil über Lia¬ nen kannte —; aber er gab ihr das leichte Wort, ſie zu fliehen, ohne ihr den Grund, nehmlich ihre ſo hart entzauberte Liebe für ihn, zu ſagen. Für ſein Zartgefühl gab es keine größere Rohheit als dieſes öffentliche Erbre¬ chen und Vorleſen eines Liebesbriefs, als das männliche Auffangen und Ausrufen eines weib¬ lichen Seufzers der Liebe durch ein Sprach¬ rohr fürs Volk. Alle kamen wieder zuſammen — lagerten ſich auf eine Stelle, die den See und die Al¬ pen und die Blüthen-Schatten gab — der Tag glühte ſich ab und ſank von Schönheit zu Schönheit zum Abend hinunter. — „Auf dieſer feinen Inſel (ſagte Dian) fängt ſich ſchon das nordiſche Weſen an und wir ſte¬ hen bald zu Hauſe unter einem ſpitzen Dach.“ — „Nun ja, (ſagte Julienne,) aber endlich hat man's doch auch gern, wenn man wieder einen reinlichen Menſchen, eine Blondine und einen Schatten ſieht und ein Paar Vögel

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/254>, abgerufen am 22.11.2024.