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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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überirdischer Glanz die Erden-Nacht umzieht
und in eine zweite Welt umkleidet und alle
Herzen lieben ihn weinend und die Nachtigal¬
len singen in seinen Strahlen.

Alles war nun bestimmt und geendigt. Lin¬
da hielt sich in ihrer Ferne und bloß aus Ge¬
setz der geselligen Artigkeit, das sie niemals
übertrat. Idoine zog sich, eine Veränderung
errathend, aus der vorigen Nähe sanft zurück.
Früh am dunkeln Morgen schieden sie, aber
Julienne sagte es ihrer Freundinn nicht, daß
sie Idoinen, als sie von einander giengen, sich
mit nassen Augen hatte wenden sehen.

126. Zykel.

Albano hatte während Linda's Abwesenheit
von Roquairol die Bitte bekommen, nur jetzt
nicht lange zu verreisen, damit er in einigen
Tagen sein Trauerspiel "den Trauerspieler"
noch sehen könne. Gaspard, den er unwillig
über Linda's Ehescheu antraf, gab ihm ein
sonderbares Kartenblatt für Linda mit, worauf
von ihrem unsichtbaren Vater nichts stand als
dies:

überirdiſcher Glanz die Erden-Nacht umzieht
und in eine zweite Welt umkleidet und alle
Herzen lieben ihn weinend und die Nachtigal¬
len ſingen in ſeinen Strahlen.

Alles war nun beſtimmt und geendigt. Lin¬
da hielt ſich in ihrer Ferne und bloß aus Ge¬
ſetz der geſelligen Artigkeit, das ſie niemals
übertrat. Idoine zog ſich, eine Veränderung
errathend, aus der vorigen Nähe ſanft zurück.
Früh am dunkeln Morgen ſchieden ſie, aber
Julienne ſagte es ihrer Freundinn nicht, daß
ſie Idoinen, als ſie von einander giengen, ſich
mit naſſen Augen hatte wenden ſehen.

126. Zykel.

Albano hatte während Linda's Abweſenheit
von Roquairol die Bitte bekommen, nur jetzt
nicht lange zu verreiſen, damit er in einigen
Tagen ſein Trauerſpiel „den Trauerſpieler
noch ſehen könne. Gaſpard, den er unwillig
über Linda's Eheſcheu antraf, gab ihm ein
ſonderbares Kartenblatt für Linda mit, worauf
von ihrem unſichtbaren Vater nichts ſtand als
dies:

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[349/0361] überirdiſcher Glanz die Erden-Nacht umzieht und in eine zweite Welt umkleidet und alle Herzen lieben ihn weinend und die Nachtigal¬ len ſingen in ſeinen Strahlen. Alles war nun beſtimmt und geendigt. Lin¬ da hielt ſich in ihrer Ferne und bloß aus Ge¬ ſetz der geſelligen Artigkeit, das ſie niemals übertrat. Idoine zog ſich, eine Veränderung errathend, aus der vorigen Nähe ſanft zurück. Früh am dunkeln Morgen ſchieden ſie, aber Julienne ſagte es ihrer Freundinn nicht, daß ſie Idoinen, als ſie von einander giengen, ſich mit naſſen Augen hatte wenden ſehen. 126. Zykel. Albano hatte während Linda's Abweſenheit von Roquairol die Bitte bekommen, nur jetzt nicht lange zu verreiſen, damit er in einigen Tagen ſein Trauerſpiel „den Trauerſpieler“ noch ſehen könne. Gaſpard, den er unwillig über Linda's Eheſcheu antraf, gab ihm ein ſonderbares Kartenblatt für Linda mit, worauf von ihrem unſichtbaren Vater nichts ſtand als dies:

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/361>, abgerufen am 22.11.2024.