Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803."Alles auf einmal, wie ein Gewitter, voll Jetzt sah er am Himmel die Sturmwolken „Alles auf einmal, wie ein Gewitter, voll Jetzt ſah er am Himmel die Sturmwolken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0389" n="377"/> <p>„Alles auf einmal, wie ein Gewitter, voll<lb/> Gluth — und mein Himmel iſt hell durch den<lb/> Blitz — und ich werfe kalten Hagel — und<lb/> eine Zerſtöhrung nach der andern und es reg¬<lb/> net warm auf die Blumen — und Himmel<lb/> und Erde verknüpft ein ſtiller Bogen des Frie¬<lb/> dens.“</p><lb/> <p>Jetzt ſah er am Himmel die Sturmwolken<lb/> wie Sturmvögel zwiſchen den Sternen und ne¬<lb/> ben dem zornigen Blutauge des Mars ſchon<lb/> heller fliegen; der Mond, der ihn verjagte und<lb/> verrieth, warf bald das Richter-Auge eines<lb/> Gottes auf ihn. Im Hohne gegen das Schick¬<lb/> ſal riß er auf für ſeine küſſende Wuth den<lb/> Nonnenſchleier und Heiligenglanz ihrer jung¬<lb/> fräulichen Bruſt. Fern ſtand der Leuchtthurm<lb/> des Gewiſſens von dicken Wolken umzogen.<lb/> Linda weinte zitternd und glühend an ſeiner<lb/> Bruſt. „Sey mein guter Genius, Albano!“<lb/> ſagte ſie. — „Und Dein böſer; aber nenne<lb/> mich nur ein einzigesmal Karl“ ſagt' er voll<lb/> Wuth. „O heiſſe denn Karl, aber bleibe mein<lb/> voriger Albano, mein heiliger Albano!“ ſag¬<lb/> te ſie. —</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [377/0389]
„Alles auf einmal, wie ein Gewitter, voll
Gluth — und mein Himmel iſt hell durch den
Blitz — und ich werfe kalten Hagel — und
eine Zerſtöhrung nach der andern und es reg¬
net warm auf die Blumen — und Himmel
und Erde verknüpft ein ſtiller Bogen des Frie¬
dens.“
Jetzt ſah er am Himmel die Sturmwolken
wie Sturmvögel zwiſchen den Sternen und ne¬
ben dem zornigen Blutauge des Mars ſchon
heller fliegen; der Mond, der ihn verjagte und
verrieth, warf bald das Richter-Auge eines
Gottes auf ihn. Im Hohne gegen das Schick¬
ſal riß er auf für ſeine küſſende Wuth den
Nonnenſchleier und Heiligenglanz ihrer jung¬
fräulichen Bruſt. Fern ſtand der Leuchtthurm
des Gewiſſens von dicken Wolken umzogen.
Linda weinte zitternd und glühend an ſeiner
Bruſt. „Sey mein guter Genius, Albano!“
ſagte ſie. — „Und Dein böſer; aber nenne
mich nur ein einzigesmal Karl“ ſagt' er voll
Wuth. „O heiſſe denn Karl, aber bleibe mein
voriger Albano, mein heiliger Albano!“ ſag¬
te ſie. —
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/389>, abgerufen am 27.07.2024. |