einfältige tragische Szenerie? O Gott, ist es denn nicht möglich, daß Ihr einmal ein Mensch seyd, (sagte Albano, mit Grausen in seine Ge¬ sichtshaut blickend, die durchaus nicht freudig und nicht liebend aussehen konnte,) daß Ihr erschrecken, erröthen, bereuen, Euch erfreuen könnt? -- Was wußten Sie von meinem Schoppe, da Sie sich einst im Keller bei Ratto als Kahlkopf anstellten, als wüßten Sie eine fürchterliche That von ihm?" -- "Niemand braucht etwas zu wissen, (versetzt' er,) man sagt zum Menschen: ich kenne Deine verruchte That, der Mensch denkt zurück, er findet so eine." -- "Aber was hatt' er Ihnen gethan?" fragte Albano erschüttert. Er versetzte trocken: "Er hat zu mir gesagt: Du Hund! -- Es schlägt 11 Uhr, ich sage nichts mehr als was ich will."
Hier brachte der Spanier zwei Pistolen und einen Sack, wieß ihm, daß sie nicht ge¬ laden wären, bat, eine zu laden (er gab ihm Pulver und Blei), aber die andere nicht. "In den Sack, jede in den Sack, (sagt' er,) wir loosen!" Je kühner, je besser, dachte Albano.
einfältige tragiſche Szenerie? O Gott, iſt es denn nicht möglich, daß Ihr einmal ein Menſch ſeyd, (ſagte Albano, mit Grauſen in ſeine Ge¬ ſichtshaut blickend, die durchaus nicht freudig und nicht liebend ausſehen konnte,) daß Ihr erſchrecken, erröthen, bereuen, Euch erfreuen könnt? — Was wußten Sie von meinem Schoppe, da Sie ſich einſt im Keller bei Ratto als Kahlkopf anſtellten, als wüßten Sie eine fürchterliche That von ihm?“ — „Niemand braucht etwas zu wiſſen, (verſetzt' er,) man ſagt zum Menſchen: ich kenne Deine verruchte That, der Menſch denkt zurück, er findet ſo eine.“ — „Aber was hatt' er Ihnen gethan?“ fragte Albano erſchüttert. Er verſetzte trocken: „Er hat zu mir geſagt: Du Hund! — Es ſchlägt 11 Uhr, ich ſage nichts mehr als was ich will.“
Hier brachte der Spanier zwei Piſtolen und einen Sack, wieß ihm, daß ſie nicht ge¬ laden wären, bat, eine zu laden (er gab ihm Pulver und Blei), aber die andere nicht. „In den Sack, jede in den Sack, (ſagt' er,) wir looſen!“ Je kühner, je beſſer, dachte Albano.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0464"n="452"/>
einfältige tragiſche Szenerie? O Gott, iſt es<lb/>
denn nicht möglich, daß Ihr einmal ein Menſch<lb/>ſeyd, (ſagte Albano, mit Grauſen in ſeine Ge¬<lb/>ſichtshaut blickend, die durchaus nicht freudig<lb/>
und nicht liebend ausſehen konnte,) daß Ihr<lb/>
erſchrecken, erröthen, bereuen, Euch erfreuen<lb/>
könnt? — Was wußten Sie von meinem<lb/>
Schoppe, da Sie ſich einſt im Keller bei Ratto<lb/>
als Kahlkopf anſtellten, als wüßten Sie eine<lb/>
fürchterliche That von ihm?“—„Niemand<lb/>
braucht etwas zu wiſſen, (verſetzt' er,) man<lb/>ſagt zum Menſchen: ich kenne Deine verruchte<lb/>
That, der Menſch denkt zurück, er findet ſo<lb/>
eine.“—„Aber was hatt' er Ihnen gethan?“<lb/>
fragte Albano erſchüttert. Er verſetzte trocken:<lb/>„Er hat zu mir geſagt: Du Hund! — Es<lb/>ſchlägt 11 Uhr, ich ſage nichts mehr als was<lb/>
ich will.“</p><lb/><p>Hier brachte der Spanier zwei Piſtolen<lb/>
und einen Sack, wieß ihm, daß ſie nicht ge¬<lb/>
laden wären, bat, eine zu laden (er gab ihm<lb/>
Pulver und Blei), aber die andere nicht. „In<lb/>
den Sack, jede in den Sack, (ſagt' er,) wir<lb/>
looſen!“ Je kühner, je beſſer, dachte Albano.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[452/0464]
einfältige tragiſche Szenerie? O Gott, iſt es
denn nicht möglich, daß Ihr einmal ein Menſch
ſeyd, (ſagte Albano, mit Grauſen in ſeine Ge¬
ſichtshaut blickend, die durchaus nicht freudig
und nicht liebend ausſehen konnte,) daß Ihr
erſchrecken, erröthen, bereuen, Euch erfreuen
könnt? — Was wußten Sie von meinem
Schoppe, da Sie ſich einſt im Keller bei Ratto
als Kahlkopf anſtellten, als wüßten Sie eine
fürchterliche That von ihm?“ — „Niemand
braucht etwas zu wiſſen, (verſetzt' er,) man
ſagt zum Menſchen: ich kenne Deine verruchte
That, der Menſch denkt zurück, er findet ſo
eine.“ — „Aber was hatt' er Ihnen gethan?“
fragte Albano erſchüttert. Er verſetzte trocken:
„Er hat zu mir geſagt: Du Hund! — Es
ſchlägt 11 Uhr, ich ſage nichts mehr als was
ich will.“
Hier brachte der Spanier zwei Piſtolen
und einen Sack, wieß ihm, daß ſie nicht ge¬
laden wären, bat, eine zu laden (er gab ihm
Pulver und Blei), aber die andere nicht. „In
den Sack, jede in den Sack, (ſagt' er,) wir
looſen!“ Je kühner, je beſſer, dachte Albano.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/464>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.