Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.bano fragte: "Wer ist der starke Bruder?" Schauernd verließ er das sonderbare Ge¬ H h 2
bano fragte: „Wer iſt der ſtarke Bruder?“ Schauernd verließ er das ſonderbare Ge¬ H h 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0495" n="483"/> bano fragte: „Wer iſt der ſtarke Bruder?“<lb/> „Dero Herr Vater,“ verſetzte der Bediente.<lb/> Albano eilte auf das Schloß. Hier war lau¬<lb/> fende Verwirrung um das Krankenbette des<lb/> Fürſten, der es bald mit dem Paradebette zu<lb/> vertauſchen drohte. Eilige Diener begegneten<lb/> ihm. Einer konnt' ihm ſagen, er habe einen<lb/> Rothmantel ins große Spiegelzimmer gehen<lb/> ſehen. Albano trat hinein, es war leer, aber<lb/> voll ſeltſamer Spuren. Ein großer Spiegel<lb/> lag auf der Erde, eine Tapetenthür darhinter<lb/> ſtand offen, ein offnes Souvenir, Räder und<lb/> weibliche Kleidungsſtücke waren um einen wäch¬<lb/> ſernen alten Kopf verſtreuet. Ihm war als<lb/> ſeh' er etwas was er ſchon geſehen und konnte<lb/> ſich's doch nicht nennen. Plötzlich erblickte er<lb/> in einem Eckſpiegel tief hinter ſeinem jungen<lb/> Geſicht ſich noch einmal, aber mit Alter bedeckt,<lb/> und dem wächſernen Kopfe ähnlich. Er blickte<lb/> ſich um, ein erhobner Spiegel-Zylinder ſchloß<lb/> ihm gleichſam die Zeit auf und er ſah in ihrer<lb/> Tiefe ſein graues Alter.</p><lb/> <p>Schauernd verließ er das ſonderbare Ge¬<lb/> mach. Eine Kammerfrau Juliennens ſtieß ihm<lb/> <fw place="bottom" type="sig">H h 2<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [483/0495]
bano fragte: „Wer iſt der ſtarke Bruder?“
„Dero Herr Vater,“ verſetzte der Bediente.
Albano eilte auf das Schloß. Hier war lau¬
fende Verwirrung um das Krankenbette des
Fürſten, der es bald mit dem Paradebette zu
vertauſchen drohte. Eilige Diener begegneten
ihm. Einer konnt' ihm ſagen, er habe einen
Rothmantel ins große Spiegelzimmer gehen
ſehen. Albano trat hinein, es war leer, aber
voll ſeltſamer Spuren. Ein großer Spiegel
lag auf der Erde, eine Tapetenthür darhinter
ſtand offen, ein offnes Souvenir, Räder und
weibliche Kleidungsſtücke waren um einen wäch¬
ſernen alten Kopf verſtreuet. Ihm war als
ſeh' er etwas was er ſchon geſehen und konnte
ſich's doch nicht nennen. Plötzlich erblickte er
in einem Eckſpiegel tief hinter ſeinem jungen
Geſicht ſich noch einmal, aber mit Alter bedeckt,
und dem wächſernen Kopfe ähnlich. Er blickte
ſich um, ein erhobner Spiegel-Zylinder ſchloß
ihm gleichſam die Zeit auf und er ſah in ihrer
Tiefe ſein graues Alter.
Schauernd verließ er das ſonderbare Ge¬
mach. Eine Kammerfrau Juliennens ſtieß ihm
H h 2
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/495>, abgerufen am 27.07.2024. |